Deutschland vor 1918
Landtagswahlen
Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz

Landstände
Für die Bundesstaaten Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz existierten vor 1918 keine gewählten Parlamente.

Stattdessen wurden auf Grundlage des landesgrundgesetzlichen Erbvergleichs vom 18.4.1755 (sic!) die sog. "Landstände" im Herbst jedes Jahres abwechselnd nach Malchin und nach Sternberg zum "Landtag" einberufen. Die Zusammensetzung wurde durch den Erbvergleich bestimmt. Die Landstände fungierten im Jahr 1755 (wie in den Jahrhunderten zuvor) als Interessenvertretung der durch Grundeigentum definierten Teile der mecklenburgischen Gesellschaft gegenüber den Landesfürsten. Deshalb war einerseits Grundeigentum das entscheidende Kriterium für die Mitgliedschaft in den Landständen. Andererseits war Grundeigentum der Landesfürsten selbst (sog. "Domanialgut") nicht zu berücksichtigen und folglich auch nicht in den Landständen vertreten. Gemäß Erbvergleich gliederten sich die Landstände deshalb nur in Mitglieder der sog. "Ritterschaft" und der sog. "Landschaft" als den zwei sog. "Ständen". Die Ritterschaft bestand aus den Eigentümern der gemäß Erbvergleich landtagsfähigen Güter (unabhängig davon, ob es sich bei den Eigentümern um Adlige oder Bürgerliche handelte), die keine Domanialgüter waren. Jeder solche Eigentümer war kraft dieses Eigentums als Mitglied dieses Standes auch Mitglied der Landstände mit allen damit verbundenen Rechten und verfügt damit über eine sog. "Virilstimme". Die Landschaft bestand aus den Magistraten der Städte Rostock, Wismar und der insgesamt 40 Schweriner und 7 Strelitzer Landstädten. Sie bestimmten in der Regel ihre Bürgermeister als Vertreter für die Landschaft. Die Domanialgüter - und damit auch ihre Bevölkerung - waren in den Landständen und damit im Landtag nicht vertreten. Das betraf im Jahr 1910 mit 1078 der insgesamt 2443 Ortschaften rund 44 Prozent der ländlichen Verwaltungseinheiten. Die Beschlussfassung des Landtags erfolgte entweder mit Stimmenmehrheit oder, auf Antrag mindestens eines der beiden Stände, durch übereinstimmende Beschlüsse per Stimmenmehrheit in jedem einzelnen der beiden Stände. Die Anzahl der Mitglieder der als Landtag tagenden Landstände war außerordentlich groß. Während sie bei der Landschaft auf die Zahl der genannten Städte festgelegt war - also auf 49 - zählte die Ritterschaft rund 700 Virilstimmen. Die tatsächliche Zahl der aktiven, also auch der abstimmenden, Mitglieder schwankte in Abhängigkeit vom tatsächlichen Erscheinen der Mitglieder auf den einzelnen Landtagen. Die Zugehörigkeit eines Mitglieds der Landstände (also z.B. eines Magistrats und damit einer Stadt) zu Mecklenburg-Strelitz oder Mecklenburg-Strelitz spielte keine Rolle. Stattdessen war für die Organisation der Arbeit des Landtags die territoriale Einteilung Mecklenburgs vor dem Erbvergleich von 1755 relevant, also die Einteilung in die damaligen Herzogtümer Mecklenburg-Strelitz und Mecklenburg-Güstrow und in die damit verbundenen drei Kreise Mecklenburg, Wenden und Stargard.

Quellenverzeichnis
Huber, Ernst-Rudolf 1981: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band IV: Struktur und Krisen des Kaiserreichs. 2. Aufl. Stuttgart: Kohlhammer.
Reuter, Gerhard (Bearb.) 1910: Kürschners Staats-, Hof- und Kommunal-Handbuch des Reichs und der Einzelstaaten. München: Eduard Koch.

Zuletzt aktualisiert: 01.11.2020
Valentin Schröder
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