Deutschland vor 1918
Landtagswahlen
Fürstentum Waldeck


Mandatsverteilung
Die Abgeordneten bildeten im Landtag keine Fraktionen und kandidierten auch nicht im Namen von Parteien. Informationen über die Mandatsverteilung liegen deshalb nicht systematisch vor.
Nach Schröder (1995: 886) erzielten Kandidaten der SPD niemals Mandate. Rose (1917: 480) ordnet für den im Frühling 1914 letztmals gewählten Landtag einen Abgeordneten der NLP zu und weitere 4 Abgeordnete den "Anschauungen der Nationalliberalen Partei, ohne in dieser organisiert zu sein."

Erläuterungen zum Wahlrecht
Der gemeinsame Landtag von Waldeck-Pyrmont bestand seit dem Wahlgesetz vom 17.8.1852 aus 15 auf 3 Jahre gewählten Abgeordneten, von denen 12 in Waldeck und 3 in Pyrmont in Einmann-Wahlkreisen durch indirekte Wahl bestimmt wurden.
Der Wahlakt in den Wahlkreisen erfolgte durch absolute Mehrheitswahl per mündlicher Stimmabgabe. Die Wahl der Wahlmänner erfolgte zu je einem Drittel in drei Abteilungen durch die stimmberechtigten Gemeindebürger.
Die Zugehörigkeit der Urwähler zu einer Abteilung hing von der Steuerleistung ab. Wahlberechtigt waren alle Männer über 25 Jahre mit waldeckischer Staatsangehörigkeit und Gemeindebürgerrecht, die Steuern in einer bestimmten Mindesthöhe entrichteten oder Eigentümer von Grundbesitz oder eines Wohnhauses waren.

Zur Quellenlage und deren Folgen für die Angaben hier
Die Ergebnisse von Wahlen wurden von den Behörden vieler deutscher Staaten zunächst nur unvollständig oder gar nicht dokumentiert und veröffentlicht. Erst ab ca. 1848 begannen die meisten Staaten, Angaben zu Wahlen amtlich zu erfassen und zu veröffentlichen. Von Staat zu Staat, bzw. ab 1867/71 von Bundesstaat zu Bundesstaat, unterschieden sich die Angaben für die jeweiligen Landtagswahlen aber sehr stark. Oft wurden nur Informationen zur wahlrechtlichen Zusammensetzung der Wählerschaft dokumentiert, die für die Durchführung der Wahlen relevant waren, insbesondere die Zahl der Wähler pro Wählerklasse bei ungleichem Wahlrecht oder die Zahl der Wähler und Wahlmänner in den Wahlkreisen bei indirektem Wahlrecht. Nur in einigen Bundesstaaten wurden zumindest seit den 1860er Jahren auch Wahlergebnisse im heute gebräuchlichen Sinne dokumentiert und veröffentlicht, also Stimmenzahlen für die Kandidaten, die Zahl der Wahlberechtigten, abgegebenen, gültigen und ungültigen Stimmen und die resultierende Mandatsverteilung nach Parteien. Zusätzlich unterbrachen einige Bundesstaaten diese Dokumentation zeitweise, schränkten sie ein und/oder änderten die dortigen Angaben. Außerdem wurden einige Angaben offenbar zwar amtlich erhoben, aber nicht auch veröffentlicht. Diese oftmals lückenhafte amtliche Dokumentation kann für einige Bundesstaaten durch nichtamtliche Veröffentlichungen ergänzt werden, insbes. Jahrbücher wie z.B. Roloff (1906) oder Veröffentlichungen der Parteien selbst, z.B. Kalkoff (1917). Außerdem existiert für einige Bundesstaaten mittlerweile Sekundärliteratur zu den Abgeordneten und damit in der Regel auch zur Zusammensetzung der Landesparlamente nach Fraktionen. Dadurch lassen sich die Ergebnisse der Landtagswahlen für viele Bundesstaaten gar nicht oder nur teilweise ermitteln.
Das lässt sich am Beispiel des Königreichs Sachsen verdeutlichen. Die sächsische amtliche Statistik verzeichnet im Zeitraum 1869-1896 partei- und wahlkreisgenaue Angaben für alle Wahlen zur Zweiten Kammer der Ständeversammlung. Im Zeitraum 1897-1908 enthält sie nur wahlkreisgenaue Angaben zu den Zahlen der Urwähler und Wahlmänner entlang der neu eingeführten drei Wählerklassen. Im Zeitraum 1909-1918 schließlich legt sie wieder partei- und wahlkreisgenau die Ergebnisse dar. Das Statistische Jahrbuch für Sachsen von 1913 liefert wiederum für die Zeit 1903-1908 (also für einen Zeitraum, zu dem die entsprechenden unmittelbar die Wahlen betreffenden amtlichen Veröffentlichungen dazu schweigen) auch Angaben zu den Stimmen für die Kandidaten der SPD auf der einen Seite und aller anderen Parteien auf der anderen. Bei Kalkoff 1917 finden sich zudem Mandatsangaben für den Zeitraum 1887-1916. Dadurch lassen sich für Sachsen die Wahlergebnisse der Landtagswahlen zum Teil und die jeweiligen Mandatsverteilungen komplett ermitteln.
Allerdings bestanden nicht in allen Parlamentskammern ab 1848 überhaupt Fraktionen oder Fraktionen entlang der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Partei. Oftmals wurden diese erst ungefähr um 1900 gebildet. Das betrifft besonders die kleinere Bundesstaaten. Dort ist die amtliche Dokumentation auch besonders lückenhaft oder fehlt. Besonders für die kleineren Bundesstaaten liegen daher meist nur Angaben zur Mandatsverteilung vor, und dies oft nur für die Wahlen ab ca. 1900.

Quellenverzeichnis
Kalkoff, Hermann (Hrsg.): Nationalliberale Parlamentarier 1867-1917 des Reichstags und der Einzellandtage. Berlin: Schriftenvertriebsstelle der Nationalliberalen Partei.
Rose, W.D. 1917: Waldeck-Pyrmont; in: Kalkoff, Hermann (Hrsg.): Nationalliberale Parlamentarier 1867-1917 des Reichstags und der Einzellandtage. Berlin: Schriftenvertriebsstelle der Nationalliberalen Partei. S.479-480.
Roloff, Gustav (Hrsg.) 1906: Schulthess' Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. 21. Jahrgang 1905. München: C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung.
Schröder, Wilhelm Heinz 1995: Sozialdemokratische Parlamentarier in den deutschen Reichs- und Landtagen 1867-1933: Biographien - Chronik - Wahldokumentation. Düsseldorf: Droste.

Zuletzt aktualisiert: 01.11.2020
Valentin Schröder
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