Deutschland vor 1918
Landtagswahlen
Freie Hansestadt Bremen

Erläuterungen zum Wahlrecht
Die Bürgerschaft bestand aus 150 auf 6 Jahre gewählten Mitgliedern, von denen je die Hälfte in einem dreijährigen Turnus neu gewählt wurde. Von den Mitgliedern wurden 14 vom "Gelehrtenstand" (Klasse I), 40 vom Kaufmannskonvent (Klasse II), 20 vom Gewerbekonvent (Klasse III), 52 von den übrigen in der Stadt Bremen wohnhaften bremischen Staatsbürgern (Klasse IV), 4 von den Staatsbürgern in der Stadt Vegesack (Klasse V), 8 von den Staatsbürgern in der Stadt Bremerhaven (Klasse VI), 8 von den zur Kammer für Landwirtschaft wahlberechtigten Landbewohnern (Klasse VII) und 4 von den übrigen im Landgebiet wohnhaften bremischen Staatsbürgern (Klasse VIII) gewählt.

Anzahl und Anteil der Stimmen für die SPD an den gültigen Stimmen der Klassen IV und VIII
  IV VIII  
  Anzahl Anteil Anzahl Anteil  
1890 2145 29,9 464 31,4  
1893 1859 24,8 399 29,1  
1896 2640 29,5 588 41  
1899 3278 33,1 991 62,6  
1902 5503 42,2 510 51,9  
1905 5365 40,5 547 51,7  
1908 5225 37,2 585 44,9  
1911 5440 39,3 717 53  

Die SPD war die einzige Partei, in deren Namen Kandidaten antraten.

Mandatsverteilung
  SPD Fraktionslos Insgesamt  
1881 1 149 150  
1884 5 145 150  
1887 8 142 150  
1890 5 145 150  
1893 2 148 150  
1896 2 148 150  
1899 11 139 150  
1902 19 131 150  
1905 18 132 150  
1908 16 134 150  
1911 16 134 150  

Mandate nach Klasse der Wahlberechtigten
  I: Gelehrtenstand II: Kaufmanns-konvent III: Gewerbe-konvent IV: Bürger der Stadt Bremen V: Bürger der Stadt Vegesack VI: Bürger der Stadt Bremerhaven VII: Landwirt-schaftskammer-Wahlberechtigte VIII: Übrige Bürger im Landgebiet Insgesamt  
  Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil    
1854-1872 16 10,7 48 32,0 24 16,0 30 20,0 6 4,0 6 4,0 10 6,7 10 6,7 150  
1875-1896 16 10,7 48 32,0 24 16,0 30 20,0 6 4,0 6 4,0 10 6,7 10 6,7 150  
1875-1896 14 9,3 42 28,0 22 14,7 44 29,3 4 2,7 8 5,3 8 5,3 8 5,3 150  
1899 14 9,3 40 26,7 20 13,3 48 32,0 4 2,7 8 5,3 8 5,3 8 5,3 150  
1902 14 9,3 40 26,7 20 13,3 50 33,3 4 2,7 8 5,3 6 4,0 8 5,3 150  
1905-1918 14 9,3 40 26,7 20 13,3 52 34,7 4 2,7 8 5,3 4 2,7 8 5,3 150  

Wahlberechtigte nach Klassen
  I II III IV V VI VII VIII Insgesamt  
  Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil    
1881 228 1,2 913 4,8 227 1,2 12440 66,0 470 2,5 883 4,7 604 3,2 3096 16,4 18861  
1884 252 1,4 891 4,9 248 1,4 12160 66,2 432 2,4 809 4,4 607 3,3 2967 16,2 18366  
1887 257 1,4 818 4,4 241 1,3 12346 66,7 417 2,3 803 4,3 627 3,4 2993 16,2 18502  
1890 262 1,4 841 4,5 244 1,3 12340 65,8 438 2,3 805 4,3 617 3,3 3205 17,1 18752  
1893 273 1,4 844 4,4 237 1,2 13068 68,6 409 2,1 849 4,5 603 3,2 2772 14,5 19055  
1896 283 1,4 859 4,4 243 1,2 13560 69,1 371 1,9 767 3,9 598 3,0 2946 15,0 19627  
1899 318 1,6 849 4,2 244 1,2 14260 69,8 350 1,7 764 3,7 581 2,8 3061 15,0 20427  
1902 352 1,6 821 3,8 242 1,1 16780 78,4 318 1,5 786 3,7 593 2,8 1514 7,1 21406  
1905 393 1,7 860 3,8 237 1,1 17732 78,6 312 1,4 801 3,6 558 2,5 1655 7,3 22548  
1908 432 1,9 852 3,8 200 0,9 17737 78,5 280 1,2 841 3,7 521 2,3 1727 7,6 22590  
1911 492 2,2 848 3,8 215 1,0 17571 78,3 257 1,1 849 3,8 485 2,2 1736 7,7 22453  

Wähler nach Klassen
  I II III IV V VI VII VIII Insgesamt  
  Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil    
1881 60 1,0 132 2,2 194 3,3 4126 70,0 55 0,9 324 5,5 244 4,1 761 12,9 5896  
1884 127 2,0 128 2,0 206 3,3 4059 64,8 142 2,3 296 4,7 281 4,5 1025 16,4 6264  
1887 118 2,1 180 3,2 171 3,0 3832 67,3 73 1,3 212 3,7 295 5,2 815 14,3 5696  
1890 229 2,2 362 3,5 137 1,3 7170 70,1 167 1,6 353 3,5 334 3,3 1476 14,4 10228  
1893 129 1,3 154 1,5 150 1,5 7510 74,8 107 1,1 254 2,5 365 3,6 1370 13,6 10039  
1896 194 1,7 194 1,7 196 1,7 8961 76,3 171 1,5 295 2,5 300 2,6 1433 12,2 11744  
1899 179 1,4 160 1,2 198 1,5 9903 76,4 118 0,9 521 4,0 305 2,4 1584 12,2 12968  
1902 164 1,1 178 1,2 218 1,4 13038 84,5 161 1,0 329 2,1 350 2,3 983 6,4 15421  
1905 155 1,0 143 0,9 202 1,3 13254 83,4 155 1,0 505 3,2 414 2,6 1059 6,7 15887  
1908 147 0,9 154 0,9 163 1,0 14059 83,0 150 0,9 582 3,4 377 2,2 1304 7,7 16936  
1911 312 1,8 413 2,4 206 1,2 13833 80,5 167 1,0 639 3,7 255 1,5 1352 7,9 17177  

Zur Quellenlage und deren Folgen für die Angaben hier
Die Ergebnisse von Wahlen wurden von den Behörden vieler deutscher Staaten zunächst nur unvollständig oder gar nicht dokumentiert und veröffentlicht. Erst ab ca. 1848 begannen die meisten Staaten, Angaben zu Wahlen amtlich zu erfassen und zu veröffentlichen. Von Staat zu Staat, bzw. ab 1867/71 von Bundesstaat zu Bundesstaat, unterschieden sich die Angaben für die jeweiligen Landtagswahlen aber sehr stark. Oft wurden nur Informationen zur wahlrechtlichen Zusammensetzung der Wählerschaft dokumentiert, die für die Durchführung der Wahlen relevant waren, insbesondere die Zahl der Wähler pro Wählerklasse bei ungleichem Wahlrecht oder die Zahl der Wähler und Wahlmänner in den Wahlkreisen bei indirektem Wahlrecht. Nur in einigen Bundesstaaten wurden zumindest seit den 1860er Jahren auch Wahlergebnisse im heute gebräuchlichen Sinne dokumentiert und veröffentlicht, also Stimmenzahlen für die Kandidaten, die Zahl der Wahlberechtigten, abgegebenen, gültigen und ungültigen Stimmen und die resultierende Mandatsverteilung nach Parteien. Zusätzlich unterbrachen einige Bundesstaaten diese Dokumentation zeitweise, schränkten sie ein und/oder änderten die dortigen Angaben. Außerdem wurden einige Angaben offenbar zwar amtlich erhoben, aber nicht auch veröffentlicht. Diese oftmals lückenhafte amtliche Dokumentation kann für einige Bundesstaaten durch nichtamtliche Veröffentlichungen ergänzt werden, insbes. Jahrbücher wie z.B. Roloff (1906) oder Veröffentlichungen der Parteien selbst, z.B. Kalkoff (1917). Außerdem existiert für einige Bundesstaaten mittlerweile Sekundärliteratur zu den Abgeordneten und damit in der Regel auch zur Zusammensetzung der Landesparlamente nach Fraktionen. Dadurch lassen sich die Ergebnisse der Landtagswahlen für viele Bundesstaaten gar nicht oder nur teilweise ermitteln.
Das lässt sich am Beispiel des Königreichs Sachsen verdeutlichen. Die sächsische amtliche Statistik verzeichnet im Zeitraum 1869-1896 partei- und wahlkreisgenaue Angaben für alle Wahlen zur Zweiten Kammer der Ständeversammlung. Im Zeitraum 1897-1908 enthält sie nur wahlkreisgenaue Angaben zu den Zahlen der Urwähler und Wahlmänner entlang der neu eingeführten drei Wählerklassen. Im Zeitraum 1909-1918 schließlich legt sie wieder partei- und wahlkreisgenau die Ergebnisse dar. Das Statistische Jahrbuch für Sachsen von 1913 liefert wiederum für die Zeit 1903-1908 (also für einen Zeitraum, zu dem die entsprechenden unmittelbar die Wahlen betreffenden amtlichen Veröffentlichungen dazu schweigen) auch Angaben zu den Stimmen für die Kandidaten der SPD auf der einen Seite und aller anderen Parteien auf der anderen. Bei Kalkoff 1917 finden sich zudem Mandatsangaben für den Zeitraum 1887-1916. Dadurch lassen sich für Sachsen die Wahlergebnisse der Landtagswahlen zum Teil und die jeweiligen Mandatsverteilungen komplett ermitteln.
Allerdings bestanden nicht in allen Parlamentskammern ab 1848 überhaupt Fraktionen oder Fraktionen entlang der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Partei. Oftmals wurden diese erst ungefähr um 1900 gebildet. Das betrifft besonders die kleinere Bundesstaaten. Dort ist die amtliche Dokumentation auch besonders lückenhaft oder fehlt. Besonders für die kleineren Bundesstaaten liegen daher meist nur Angaben zur Mandatsverteilung vor, und dies oft nur für die Wahlen ab ca. 1900.

Quellenverzeichnis
Kalkoff, Hermann (Hrsg.) 1917: Nationalliberale Parlamentarier 1867-1917 des Reichstags und der Einzellandtage. Berlin: Schriftenvertriebsstelle der Nationalliberalen Partei.
Wahlrecht: Roloff, Gustav (Hrsg.) 1906: Schulthess' Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. 21. Jahrgang 1905. München: C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung.
Mandatsverteilung: Schröder, Wilhelm Heinz 1995: Sozialdemokratische Parlamentarier in den deutschen Reichs- und Landtagen 1867-1933: Biographien - Chronik - Wahldokumentation. Düsseldorf: Droste.
Alle weiteren Angaben: Statistisches Landesamt Bremen (Hrsg.) 1966: 110 Jahre Bürgerschaftswahlen im Land Bremen 1855 bis 1963; in: Statistische Monatsberichte. 18/5 und 6. S.128-149.

Die Angaben zu allen Ergebnissen in Prozent und zur Mandatsverteilung gehen auf eigene Berechnungen nach den Angaben in o.a. Quellen zurück. Die Gestaltung der Tabellen unterliegt auch insoweit dem Urheberrecht.

Zuletzt aktualisiert: 01.11.2020
Valentin Schröder
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