Deutschland vor 1918
Landtagswahlen
Großherzogtum Oldenburg

Mandatsverteilung
  SPD FVP FVP-NLP NLP NLP-BdL BdL Z Bürgerliche Insgesamt  
Oktober 1899 (27. Landtag) 1 . . . . . . 36 37  
Oktober 1902 (28. Landtag) 6 11 - 8 6 1 8 - 40  
26.08.1904 (29. Landtag) 4 12 - 9 6 1 8 - 40  
17.10.1905 (30. Landtag) 4 11 1 7 9 0 8 - 40  
17.09.1908 (31. Landtag) 4 11 1 6 13 1 8 - 44  
14.10.1911 (32. Landtag) 12 10 4 5 5 0 9 - 45  
13.10.1916 (33. Landtag) 11 11 3 5 6 0 9 - 45  

Fraktionen bestanden nur informell. Hier ist die politische Richtung nach Parteizugehörigkeit und den Angaben laut Quelle dargestellt. Für die Zeit vor 1899 lässt sich die Parteizugehörigkeit und politische Richtung der Abgeordneten nur fragmentarisch ermitteln.

1916: Friedenswahlen, in jedem Wahlkreis traten nur Kandidaten entlang der Zusammensetzung des vorherigen Landtags zur Wahl an. Veränderungen gehen auf Änderung innerhalb der vorherigen Wahlperiode zurück.

-FVP: bis 1909 Freisinnige Volkspartei; 1904: davon Parteizugehörigkeit eines Mandatsinhabers lt. Schulthess
-NLP: 1905 davon Parteizugehörikeit eines Mandatsinhabers laut Vermutung in Eckhardt/Wyrsch
-FVP-NLP, NLP-BdL: Zuordnung der Abgeordneten zu beiden Parteien in Eckhardt/Wyrsch

Erläuterungen zum Wahlrecht
Die Legislaturperiode dauerte 3 Jahre, ab 1911 5 Jahre. Im Zeitraum 1868-1911 bestand der Landtag nach dem Landtagswahlgesetz vom 21.7.1868 (geändert durch Gesetze vom 18.1. und 24.12.1902) aus in 9 Wahlkreisen indirekt durch Wahlmänner gewählten Mitgliedern. Dabei kam auf je 10.000 Einwohner jedes Wahlkreises 1 Abgeordneter. Als Wahlbezirke für die Wahl der Wahlmänner durch die Stimmberechtigten fungierten die Gemeinden. Auf je 500 Einwohner war 1 Wahlmann zu wählen. Wahlberechtigt als Urwähler waren alle über 25-jährigen sebständigen Staatsbürger. Als solche galten alle männlichen Staatsbürger, die nicht entmündigt waren,innerhalb des vorherigen Jahres keine Armenunterstützung bezogen hatten und die nicht "ohne einen eigenen Herd bei Anderen in Kost und Lohn" standen. Es waren ca. 17-19% der Bevölkerung landtagswahlberechtigt (gegen ca. 22% der reichstagswahlberechtigten Bevölkerung). Die Urwähler wählten die Wahlmänner mit so vielen Stimmen pro Urwähler wie im Wahlbezirk Wahlmänner zu wählen waren, durch Abgabe von mit Namen beschriebenen Stimmzetteln. Die Personen mit den meisten Stimmen des Wahlbezirks waren als Wahlmänner für die gesamte Legislaturperiode gewählt. Die Wahlmänner wählten die Abgeordneten mit so vielen Stimmen pro Wahlmann wie Abgeordnete im Wahlkreis zu wählen waren. Die Abgeordnetenwahlen fanden in den drei Landesteilen an je einem Tag statt. Im Landesteil Fürstentum Lübeck waren mindestens 3 Abgeordnete zu wählen. Gewählt war, auf wen eine absolute Stimmenmehrheit entfallen war. Traf dies auf mehr Personen zu als Mandate zu vergeben waren, waren die Kandidaten mit den meisten Stimmen gewählt. Traf dies auf niemand oder nicht alle Mandate zu, wurde die Wahl für diese Mandate solange wiederholt, bis dies der Fall war. Dafür wurden bei jedem Wahlgang der Kandidat mit den wenigsten Stimmen von der Wählbarkeit ausgeschlossen.
Im Zeitraum 1911-1919 galt das Wahlgesetz vom 17.4.1909. Nun waren alle Staatsbürger, die seit mindestens 3 Jahren im Großherzogtum ihren Wohnsitz hatten wahlberechtigt. Davon ausgeschlossen waren Personen, die unter Vormundschaft standen, sich in einem Konkursverfahren befanden, öffentliche Armenunterstützung bezogen, die bürgerlichen Ehrenrechte verloren hatten oder in Haft waren. Wahlberechtigte ab dem 40. Lebensjahr erhielten eine zusätzliche Stimme pro Mandat. Die Wahlen waren direkt und geheim. In 29 Wahlkreisen waren zwischen 1 und 3 Abgeordneten durch absolute Mehrheitswahl zu wählen. Traf dies auf mehr Kandidaten zu als Mandate zu vergeben waren, waren die Kandidaten mit den meisten Stimmen gewählt. Kam keine solche Mehrheit zustande, war für die entsprechenden Mandate eine "Nachwahl" nach relativer Mehrheitswahl abzuhalten.

Zur Quellenlage und deren Folgen für die Angaben hier
Die Ergebnisse von Wahlen wurden von den Behörden vieler deutscher Staaten zunächst nur unvollständig oder gar nicht dokumentiert und veröffentlicht. Erst ab ca. 1848 begannen die meisten Staaten, Angaben zu Wahlen amtlich zu erfassen und zu veröffentlichen. Von Staat zu Staat, bzw. ab 1867/71 von Bundesstaat zu Bundesstaat, unterschieden sich die Angaben für die jeweiligen Landtagswahlen aber sehr stark. Oft wurden nur Informationen zur wahlrechtlichen Zusammensetzung der Wählerschaft dokumentiert, die für die Durchführung der Wahlen relevant waren, insbesondere die Zahl der Wähler pro Wählerklasse bei ungleichem Wahlrecht oder die Zahl der Wähler und Wahlmänner in den Wahlkreisen bei indirektem Wahlrecht. Nur in einigen Bundesstaaten wurden zumindest seit den 1860er Jahren auch Wahlergebnisse im heute gebräuchlichen Sinne dokumentiert und veröffentlicht, also Stimmenzahlen für die Kandidaten, die Zahl der Wahlberechtigten, abgegebenen, gültigen und ungültigen Stimmen und die resultierende Mandatsverteilung nach Parteien. Zusätzlich unterbrachen einige Bundesstaaten diese Dokumentation zeitweise, schränkten sie ein und/oder änderten die dortigen Angaben. Außerdem wurden einige Angaben offenbar zwar amtlich erhoben, aber nicht auch veröffentlicht. Diese oftmals lückenhafte amtliche Dokumentation kann für einige Bundesstaaten durch nichtamtliche Veröffentlichungen ergänzt werden, insbes. Jahrbücher wie z.B. Roloff (1906) oder Veröffentlichungen der Parteien selbst, z.B. Kalkoff (1917). Außerdem existiert für einige Bundesstaaten mittlerweile Sekundärliteratur zu den Abgeordneten und damit in der Regel auch zur Zusammensetzung der Landesparlamente nach Fraktionen. Dadurch lassen sich die Ergebnisse der Landtagswahlen für viele Bundesstaaten gar nicht oder nur teilweise ermitteln.
Das lässt sich am Beispiel des Königreichs Sachsen verdeutlichen. Die sächsische amtliche Statistik verzeichnet im Zeitraum 1869-1896 partei- und wahlkreisgenaue Angaben für alle Wahlen zur Zweiten Kammer der Ständeversammlung. Im Zeitraum 1897-1908 enthält sie nur wahlkreisgenaue Angaben zu den Zahlen der Urwähler und Wahlmänner entlang der neu eingeführten drei Wählerklassen. Im Zeitraum 1909-1918 schließlich legt sie wieder partei- und wahlkreisgenau die Ergebnisse dar. Das Statistische Jahrbuch für Sachsen von 1913 liefert wiederum für die Zeit 1903-1908 (also für einen Zeitraum, zu dem die entsprechenden unmittelbar die Wahlen betreffenden amtlichen Veröffentlichungen dazu schweigen) auch Angaben zu den Stimmen für die Kandidaten der SPD auf der einen Seite und aller anderen Parteien auf der anderen. Bei Kalkoff 1917 finden sich zudem Mandatsangaben für den Zeitraum 1887-1916. Dadurch lassen sich für Sachsen die Wahlergebnisse der Landtagswahlen zum Teil und die jeweiligen Mandatsverteilungen komplett ermitteln.
Allerdings bestanden nicht in allen Parlamentskammern ab 1848 überhaupt Fraktionen oder Fraktionen entlang der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Partei. Oftmals wurden diese erst ungefähr um 1900 gebildet. Das betrifft besonders die kleinere Bundesstaaten. Dort ist die amtliche Dokumentation auch besonders lückenhaft oder fehlt. Besonders für die kleineren Bundesstaaten liegen daher meist nur Angaben zur Mandatsverteilung vor, und dies oft nur für die Wahlen ab ca. 1900.

Quellenverzeichnis
Eckhardt, Albrecht und Rudolf Wyrsch (Bearb.) 2014: Oldenburgischer Landtag 1848-1933/1946: Biografisch-historisches Handbuch zu einem deutschen Landesparlament. Oldenburg: Isensee Verlag. Kalkoff, Hermann (Hrsg.) 1917: Nationalliberale Parlamentarier 1867-1917 des Reichstags und der Einzellandtage. Berlin: Schriftenvertriebsstelle der Nationalliberalen Partei.
Mandate 1899-1911 und Wahlrecht Roloff, Gustav (Hrsg.) 1906: Schulthess' Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. 21. Jahrgang 1905. München: C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung.
Mandate 1916: Rose, W. 1917: Die nationalliberalen Mitglieder des Landtages des Großherzogtums Oldenburg 1912-1917; in: Kalkoff, Hermann (Hrsg.): Nationalliberale Parlamentarier 1867-1917 des Reichstags und der Einzellandtage. Berlin: Schriftenvertriebsstelle der Nationalliberalen Partei. S. 425-430.

Die Angaben zu allen Ergebnissen in Prozent und zur Mandatsverteilung gehen auf eigene Berechnungen nach den Angaben in o.a. Quellen zurück. Die Gestaltung der Tabellen unterliegt auch insoweit dem Urheberrecht.

Zuletzt aktualisiert: 01.11.2020
Valentin Schröder
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