Deutschland seit 1945
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Freistaat Sachsen (Landesstimmen)
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Parteiensystem, Parteien und Kabinette seit 1945

Für die Darstellung des Parteiensystems im Vergleich zu den Parteiensystemen der anderen Bundesländer werden Maßzahlen verwendet. Sie sind in der folgenden Tabelle dargestellt und werden hier erläutert.

Periode   Kandidaturen (Wahlen)   Format (Wahlen)   ENP (Wahlen)   Volatilität (Wahlen)   ENP (Parlament)   Format (Kabinett)   ENP (Kabinett)
    Alle Länder SN   Alle Länder SN   Alle Länder SN   Alle Länder SN   Alle Länder SN   Alle Länder SN   Alle Länder SN
1990-2010   14,0 13,0   7,8 9,0   3,4 3,3   11,5 12,0   2,9 2,8   1,7 1,4   1,4 1,2
2011-2022   17,0 16,5   10,2 11,0   4,5 4,7   14,6 15,8   3,7 3,5   2,1 2,3   1,8 1,7

Parteiensystem
Das Parteiensystem bei Landtagswahlen in Sachsen weist durchschnittlich ähnlich viele kandidierende Parteien und Wählervereinigungen auf, wie die Parteiensystem der anderen Bundesländer. Sein Format, berechnet als Anzahl der Parteien mit mindestens 0,5 Prozent der Stimmen (rein rechnerischer Stimmenanteil der für mindestens ein Mandat mindestens nötig wäre), hat sich jedoch im Zeitverlauf nicht nur von durchschnittlich 9,0 im Zeitraum 1990-2010 um rund 20 Prozent auf 11,0 im Zeitraum 2011-2022 erhöht. Sondern das Format liegt auch durchgehend um rund zehn Prozent höher als der Bundesdurchschnitt. Die Fragmentierung des Parteiensystem, gemessen als ENP der kandidierenden Parteien bei Landtagswahlen, bewegt sich wiederum im Bundesdurchschnitt. Dies gilt auch für die Fragmentierung des Parlamentsparteiensystems, gemessen als ENP nur der im Landtag vertretenen Parteien. Die Volatilität des Parteiensystems, berechnet als summierte Veränderung der Stimmenanteile jeder Partei von Wahl zu Wahl, ist in Sachsen vergleichsweise hoch. Das betrifft insbesondere die Wahlen seit 2011.
Parteien
Bei den ersten drei Wahlen seit 1990 dominierte die CDU mit jeweils über 50 Prozent der gültigen Stimmen die sächsische Parteienlandschaft, dabei in der Wahl 1994 mit dem höchsten Stimmenanteil, den jemals ein CDU-Landesverband bei einer Landtagswahl erzielte. Danach war die CDU mit rund 40 Prozent über lange Jahre die mit Abstand stärkste Partei. Erst seit der Wahl 2019 rückte die AfD recht nahe an den Stimmenanteil der CDU heran. Die SPD erzielte in Sachsen hingegen stets im Bundesvergleich nur deutlich unterdurchschnittliche Landtagswahlergebnisse und sank hier im Jahr 2004 erstmals bei einer Landtagswahl in einem Bundesland unter einen Stimmenanteil von zehn Prozent.
FDP und Grüne gelangen in Sachsen ebenfalls in der Regel nur auf vergleichsweise unterdurchschnittliche Ergebnisse. Beide Parteien verpassten zunächst seit 1994 mehrmals den Einzug in den Landtag. Nur den Grünen ist es seit 2004 gelungen, regelmäßig dort wieder einzuziehen. Die FDP ist seit 2014 nicht mehr im Landtag vertreten. Die Partei Die Linke. erzielte in Sachsen im Vergleich zu den anderen ostdeutschen Bundesländern meist etwas schwächere Ergebnisse.
Besonders erfolgreich sind in Sachsen seit den 1990er Jahren wiederum rechte und rechtsextreme Parteien. So verpasste die DSU bei der Wahl 1990 nur vergleichsweise knapp den Einzug in den Landtag. In den 1990er Jahren erzielten Parteien wie die Initiative Pro DM in Sachsen ähnliche Achtungserfolge. Besonders erfolgreich war bei der Wahl 2004 die NPD. Ihr gelang im Jahr 2009 auch der Wiedereinzug in den Landtag. Bei der Wahl 2014 verfehlte sie ihn nun um 0,05 Prozent. Seither ist die AfD in Sachsen besonders erfolgreich und erzielte 2019 hier ihren bislang höchsten Stimmenanteil bei einer Landtagswahl.
Kabinette
Die dominante Position der CDU ging im Zeitraum 1990-2004 mit Kabinetten einher, die nur von Vertretern dieser Partei allein gebildet wurden. Danach kam es zu Koalitionen, bei denen die CDU die mit Abstand stärkere Partnerin war. Entsprechend lagen das Format der Kabinette zunächst durchschnittlich bei 1,4 und ihre Fragmentierung, gemessen als ENP der Mandatsanteile nur der Koalitionsparteien, sogar nur bei 1,2. Diese im Bundesvergleich unterdurchschnittlichen Werte haben sich zuletzt stark erhöht. Der Hauptgrund dafür ist der geringere Mandatsanteil der weiterhin regierenden CDU, die zuletzt mit zwei Koalitionspartnerinnen ein Kabinett bildete.
Ergebnisse in Prozent
  Die Linke. DL B.90/Grüne SPD Bürger FDP CDU DR AfD REP NPD Sonstige WBT Ungültig %  
20.10.1946 49,1 2,9 - - - 24,7 23,3 - - - - - 92,5 6,9  
15.10.1950 99,8 - - - - - - - - - - 0,2 98,1 0,1  
14.10.1990 10,2 0,1 5,6 19,1 0,6 5,3 53,8 4,1 - - 0,7 0,6 72,8 2,5  
11.09.1994 16,5 0,4 4,1 16,6 0,7 1,7 58,1 0,6 - 1,3 - - 58,4 1,5  
19.09.1999 22,2 0,1 2,6 10,7 0,2 1,1 56,9 3,1 - 1,5 1,4 0,3 61,1 1,5  
19.09.2004 23,6 - 5,1 9,8 - 5,9 41,1 2,2 - - 9,2 3,1 59,6 1,9  
30.08.2009 20,6 1,9 6,4 10,4 1,4 10,0 40,2 1,1 - 0,2 5,6 2,2 52,2 1,9  
31.08.2014 18,9 1,1 5,7 12,4 1,6 3,8 39,4 0,5 9,7 - 4,95 1,8 49,1 1,3  
01.09.2019 10,4 0,4 8,6 7,7 3,4 4,5 32,1 1,0 27,5 - 0,6 3,8 66,5 1,0  

1950: Die Wähler hatten lediglich die Möglichkeit, pauschal für oder gegen die Kandidaten der allein kandidierenden Liste der Nationalen Front zu stimmen. Die Stimmabgabe erfolgte offen, die Wahl war daher nicht geheim. Die Zuteilung der Mandate im Landtag erfolgte nach einem vor der Wahl festgelegten Schlüssel.
Vom Juli 1952 bis zum Oktober 1990 bestand das Land Sachsen als politische Einheit nicht.
Seit 1990: Listenstimmen

-Die Linke.: 1946 SED; 1950 Liste der Kandidaten der Nationalen Front; 1990 Linke Liste-PDS (Listenverbindung aus PDS, FDJ, KPD, Die Nelken, Marxistische Jugendvereinigung "Junge Linke"); 1994-2004 PDS
-DL: 1946 davon VdgB 1,7%, Kulturbund 0,6%; Frauenausschüsse 0,6%; 1990 Reine Arbeiterpartei; 1994 Soziale Politik Sachsen (SPS); 1999 KPD [a]; 2009-2014 Piraten;; 2019 davon Piraten 0,3%, KPD[a] 0,1%
-Bündnis 90/Grüne: 1990 Neues Forum (Listenverbindung aus Neues Forum, Bündnis 90, DJ, Die Grünen, UFV)
-FDP: 1946 LDPD
-Bürger: 1990 DA; 1994 Neues Forum Sachsen; 1999 Forum; 2009 FW (noch als "Freie Sachsen - Allianz unabhängiger Wähler"); 2014-2019 FW
-DR: 1990 davon DSU 3,6%, Liga 0,5%; 1994 DSU; 1999 davon Initiative Pro DM 2,1%, DSU 0,4%, PBC 0,3%, BüSo 0,1%, FPDe 0%; 2004 davon PBC 0,7%, BüSo 0,5%, DSU 0,5%, Demokratische Gemeinschaft für Gerechtigkeit (DGG) 0,4%; 2009 davon PBC 0,4%, DSU 0,2%, BüSo 0,2%, FPDe 0,1%, Sächsische Volkspartei (SächsVP) 0,2%; 2014 davon BüSo, pro D, DSU je 0,2%; 2019 davon Blaue 0,4%, ÖDP 0,3%, Aufbruch Deutscher Patrioten - Mitteldeutschland (ADPM) 0,2%, BüSo 0,1%, PdV 0,1%
-Sonstige: 1950 Summe der Stimmen gegen die Liste der Kandidaten der Nationalen Front; 1990 davon DBU 0,5%, Sächsische Humanistische Bewegung (SäHB) 0,1%; 1999 Graue; 2004 davon Tierschutzpartei 1,6%, Graue 0,9%, Aufbruch 0,5%; 2009 davon Tierschutzpartei 2,1%, HumanWP 0,1%; 2014 davon Tierschutzpartei 1,1%, DPart 0,7%; 2019 davon DPart 1,6%, Tierschutzpartei 1,5%, Gesundheitsforschung 0,5%, PdV 0,2%

Mandatsverteilung im Landtag
  Die Linke. B.90/Grüne SPD FDP CDU AfD NPD BP/MO Insgesamt  
25.06.1946 10 - - 10 10 - - 40 70  
20.10.1946 59 - - 30 28 - - 3 120  
15.10.1950 27 - - 17 18 - - 58 120  
14.10.1990 17 10 32 9 92 - 0 - 160  
11.09.1994 21 0 22 0 77 - - - 120  
19.09.1999 30 0 14 0 76 - 0 - 120  
19.09.2004 31 6 13 7 55 - 12 - 124  
30.08.2009 29 9 14 14 58 - 8 - 132  
31.08.2014 27 8 18 0 59 14 0 - 126  
01.09.2019 14 12 10 0 45 38 0 - 119  

1946/I: vom Präsidenten der Landesverwaltung einberufene ernannte Beratende Versammlung

-Insgesamt: 2019 blieb 1 Mandat unbesetzt (vgl. Anmerkung zur AfD)
-Die Linke.: 1946/I-1950 SED; 1990 Linke Liste-PDS; 1994-2004 PDS
-B.90/Grüne: 1990 Neues Forum
-FDP: 1946, 1950 LDPD
-AfD: 2019 wurden aufgrund eines Formfehlers der AfD nur ihre ersten 30 Landeslistenplätze als gültige Kandidaturen zugelassen, wodurch die AfD nur 38 der ihr zustehenden 39 Mandate besetzen konnte
-BP/MO (Blockparteien und Massenorganisationen): 1946/I davon FDGB 10, "Einzelpersönlichkeiten" 9, VdgB 5, FDJ 5, Frauenausschüsse 5, Industrie- und Handelskammer 3, Handwerkskammer 3; 1946/II davon VdgB 2, Kulturbund 1 Sitz; 1950 davon FDGB 12, DBD 9, NDPD 9, DFD 7, FDJ 7, Kulturbund 5, VVN 5, VdgB 2, Konsumgenossenschaften 2

Überhang- und Ausgleichsmandate
2004: 2 Überhangmandate (alle CDU), 2 Ausgleichsmandate (PDS 1, SPD 1)
2009: 6 Überhandmandate (alle CDU), 6 Ausgleichsmandate (Die Linke. 2, SPD, FDP, B.90/Grüne, NPD je 1)
2014: 3 Überhangmandate (alle CDU), 3 Ausgleichsmandate (Die Linke., SPD, AfD je 1)

Kabinette und Investiturabstimmungen
  Kabinett Kandidatur Parlamentarische Unterstützung Wahl- Sitzung Wahl- Mandate Stimmen bei der Abstimmung  
      Partei/en Mandate periode   gang insgesamt Abgegeben Dafür Dagegen Enthaltung Ungültig  
04.07.1945 Friedrichs I Rudolf Friedrichs - - - - - - - - - - -  
25.06.1946 Friedrichs II Rudolf Friedrichs SED, LDPD, CDU, VdgB, DFD 70 E 1 - - - - - - -  
11.12.1946 Friedrichs III Rudolf Friedrichs SED, LDPD, CDU, VdgB, KuBu 120 I-1 2 1 120 116 116 0 0 0  
30.07.1947 Seydewitz I Max Seydewitz SED, LDPD, CDU, VdgB, KuBu 120 I-1 24 1 120 115 115 0 0 0  
23.11.1950 Seydewitz II Max Seydewitz SED, CDU, LDPD, NDPD, DBD 120 I-2 2 1 120 115 115 0 0 0  
03.10.1990 Krause Rudolf Krause - - - - - - - - - - -  
27.10.1990 Biedenkopf I Kurt Biedenkopf CDU 92 1 1 1 160 152 120 11 21 0  
06.10.1994 Biedenkopf II Kurt Biedenkopf CDU 77 2 1 1 120 97 74 22 1 0  
13.10.1999 Biedenkopf III Kurt Biedenkopf CDU 76 3 1 1 120 119 75 40 4 0  
18.04.2002 Milbradt I Georg Milbradt CDU 76 3 60 1 120 118 72 44 2 0  
10.11.2004 Milbradt I Georg Milbradt CDU, SPD 68 4 2 1 124 121 62 14 26 19  
10.11.2004 Milbradt II Georg Milbradt CDU, SPD 68 4 2 2 124 122 62 14 9 37  
28.05.2008 Tillich I Stanislaw Tillich CDU, SPD 68 4 107 1 124 121 66 11 11 33  
29.09.2009 Tillich II Stanislaw Tillich CDU, FDP 72 5 1 1 132 128 69 23 4 32  
12.11.2014 Tillich III Stanislaw Tillich CDU, SPD 77 6 2 1 126 125 74 50 1 0  
13.12.2017 Kretschmer I Michael Kretschmer CDU, SPD 77 6 64 1 126 120 69 48 0 3  
20.12.2019 Kretschmer II Michael Kretschmer CDU, B.90/Grüne, SPD 67 7 4 1 119 118 61 57 0 0  

Vgl. auch die Erläuterungen zu Kabinetten und Investiturabstimmungen.
1945: Ernannt von der Sowjetischen Besatzungsmacht
1946/I: Konstituierung der Beratenden Landesversammlung
1946/II: Offene Wahl durch Handzeichen
1947-1950: Offene Wahl durch Erheben von den Sitzen
1990/I: Landesbevollmächtigter für Sachsen, eingesetzt durch den Ministerpräsidenten der DDR
2004/I: Kein Kandidat erzielte die erforderliche Mehrheit der Mitglieder, sodass es zu einem weiteren Wahlgang kam
2004/II: In diesem zweiten Wahlgang war das Mehrheitserfordernis die Mehrheit der abgegebenen Stimmen

Dagegen - Stimmen entfielen auf Personen bzw. andere ergebnisrelevante Abstimmungsmöglichkeiten im Einzelnen wie folgt: 1990/II: "Nein" 10, "auf einen anderen Namen" 1; 1994-2002: "Nein"; 2004/I-2004/II: Abg. Uwe Leichsenring (NPD); 2008 Abg. Johannes Müller (NPD); 2009 Abg. Martin Dulig (SPD) 15, Abg. Johannes Müller (NPD) 8; 2014-2019 "Nein"
Enthaltung, Ungültig: 2004/I-2009 bestand nicht die Möglichkeit, mit "Nein" (also gegen alle Kandidaten) zu stimmen

Ergebnisse in Stimmen
  Die Linke. DL B.90/Grüne SPD Bürger FDP CDU DR AfD REP NPD Sonstige Berechtigt Abgegeben Gültig Ungültig  
20.10.1946 1616068 94844 - - - 813224 766859 - - - - - 3803416 3518108 3290995 227113  
15.10.1950 4105190 - - - - - - - - - - 9301 4196647 4117894 4114491 3403  
14.10.1990 269420 3232 147543 502722 14894 138376 1417332 107198 - - 17727 14978 3709210 2699724 2633422 66302  
11.09.1994 339619 7431 85485 342706 13555 36075 1199883 12851 - 26177 - - 3586160 2093815 2063782 30033  
19.09.1999 480317 1814 55609 232311 4100 23369 1231254 66036 - 32793 29593 6876 3592456 2196282 2164072 32210  
19.09.2004 490488 - 106771 204438 - 122605 855203 45075 - - 190909 64646 3554542 2118792 2080135 38657  
30.08.2009 370359 34651 114963 187261 24287 178867 722983 20636 - 3346 100834 39162 3510336 1830819 1797349 33470  
31.08.2014 309581 18157 93857 202396 26434 61840 645414 8959 159611 - 81051 30199 3376627 1659497 1637499 21998  
01.09.2019 224354 8583 187015 167289 72897 97438 695560 21652 595671 - 12947 83051 3288643 2188486 2166457 22029  

-DL: 1946 davon VdgB 57356, Kulturbund 19148, Frauenausschüsse 18340; 2019 davon Piraten 6632, KPD[a] 1951
-DR: 1990 davon DSU 94347, Liga 12851; 1999 davon Initiative Pro DM 46469, DSU 9204, PBC 6935, BüSo 2440, FPDe 988; 2004 davon PBC 13880, BüSo 11299, DSU 11133, DGG 8763; 2009 davon PBC 7571, SVP 4401, BüSo 4093, DSU 3036, FPDe 1535; 2014 davon BüSo 3340, Pro D 3149, DSU 2470; 2019 davon Blaue 7806, ÖDP 6000, Aufbruch Deutscher Patrioten - Mitteldeutschland (ADPM) 3948, BüSo 1630, PdV 2268
-Sonstige: 1990 davon DBU 12530, SäHB 2448; 2004 davon Tierschutzpartei 34068, Graue 19377, Aufbruch 11201; 2009 davon Tierschutzpartei 36932, HumanWP 2230; 2014 davon Tierschutzpartei 18611, DPart 11588; 2019 davon DPart 33618, Tierschutzpartei 33476, Gesundheitsforschung 11652, PdH 4305

Wahlsystem
Geltende Regelungen
In Sachsen besteht ein Mischwahlsystem aus Mehrheits- und Verhältniswahl. Die Wählenden haben je zwei Stimmen: Direktstimme und Listenstimme. Gesetzlich sind insgesamt 120 Mandate zuzuteilen. Das Wahlgebiet ist in 60 Wahlkreise aufgeteilt. Dort erzielt je ein Direktmandat, wer die meisten Direktstimmen auf sich vereinigt. An der weiteren Mandatszuteilung können nur Parteien teilnehmen, die landesweit mindestens fünf Prozent der gültigen Listenstimmen erzielt haben (Landtagsparteien). Weitere mindestens 60 Mandate werden per Verhältniswahl mit Landeslisten (starre Listen) nach dem d‘Hondt-Verfahren so vergeben, dass die gesamte Mandatszahl jeder Landtagspartei ihrem Listenstimmenanteil bezogen auf die anderen Landtagsparteien entspricht. Erzielt eine Landtagspartei mehr Direktmandate, als ihr laut diesem Listenstimmenanteil zustehen (Überhangmandate), erhalten die übrigen Landtagsparteien entsprechend dem Listenstimmenverhältnis zusätzliche Mandate auf ihren Landeslisten (Ausgleichsmandate); allerdings insgesamt maximal so viele Ausgleichsmandate wie insgesamt Überhangmandate anfielen. Dafür wird für die Partei(en) mit Überhangmandaten ermittelt, wie hoch die geringste ihren Überhangmandaten entsprechende Höchstzahl ist. Die übrigen Landeslisten erhalten so viele Ausgleichsmandate, wie ihnen höhere Höchstzahlen als dieser geringsten Höchstzahl der Partei mit Überhangmandaten zugeordnet sind. Es ist im Wahlgesetz nicht geregelt, wie vorzugehen ist, falls einerseits insgesamt mehr Ausgleichsmandate bis zu der letzten höheren Höchstzahl einer Partei anfallen würden als es insgesamt Überhangmandate gibt. Bislang wird der Höhe der Höchstzahlen vorgegangen. Damit erfolgt für manche Landeslisten kein vollständiger Ausgleich. Die gesetzliche Wahlperiode dauert fünf Jahre.
Abweichende frühere Regelungen
Bei der Wahl 1990 bestanden 80 Wahlkreise, waren gesetzlich 160 Mandate zu verteilen und erfolgte die Mandatszuteilung an die Landeslisten mit dem Hare-Niemeyer-Verfahren. Es konnten gemäß §7 V Gesetz über die Wahlen zu Landtagen in der Deutschen Demokratischen Republik vom 22.7.1990 zwar Überhangmandate anfallen. Es wären aber keine Ausgleichsmandate zuzuteilen gewesen. Auch galt gemäß §7 VI dieses Gesetzes eine Sperrklausel von mindestens fünf Prozent der gültigen Stimmen oder drei Direktmandaten. Sie galt nicht für Parteien ethnischer Minderheiten. Die gesetzliche Wahlperiode dauerte vier Jahre.
Bei der Wahl 1950 reichten alle gem. §26 II Gesetz über die Wahlen zur Volkskammer, zu den Landtagen, Kreistagen und Gemeindevertretungen in der Deutschen Demokratischen Republik am 15. Oktober 1950 vom 9.8.1950 zur Einreichung eines Wahlvorschlags berechtigten Vereinigungen einen gemeinsamen Wahlvorschlag gem. §27 dieses Gesetzes ein. Diese sog. Einheitsliste wurde von der „Nationalen Front des demokratischen Deutschland“ – eines Zusammenschlusses aller zugelassenen Parteien und Massenorganisationen unter Führung der der SED – festgelegt. Zuzuteilen waren genau 120 Mandate. Zur Mandatszuteilung enthielt das Gesetz nur die Bestimmung, dass die Wahl „nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechts in einem Wahlakt“ durchgeführt werde. Zur Dauer der Wahlperiode enthielt das Gesetz keine Regelung. Da die Mandatsverteilung auf die Parteien sich bereits aus der (Einheits-)Listenaufstellung ergab, hätte es hier faktisch aber auch keiner Regelung bedurft. Außerdem waren die Mandatsträger der Massenorganisationen (z.B. FDGB, FDJ) oftmals auch Mitglied der SED. Dadurch waren im Landtag mehr SED-Mitglieder vertreten, als es die amtlich dokumentierte Mandatsverteilung vorgab.
Bei der Wahl 1946 betrug die gesetzliche Mandatszahl gemäß Wahlordnung für die Landtags- und Kreistagswahlen in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands vom 11. September 1946 genau 120. Es galt starre Listenwahl mit einer Liste pro Partei für das gesamte Wahlgebiet. Die Mandatszuteilung erfolgte per d’Hondt-Verfahren im Verhältnis der gültigen Stimmen für die Parteien. Eine Sperrklausel bestand nicht. Zur Dauer der Wahlperiode enthielt das Wahlgesetz keine Regelung.
Wahlsystembedingte Abweichungen der Mandatsverteilung auf die Landtagsparteien vom Verhältnis ihrer Stimmenzahlen und von der gesetzlichen Mandatszahl
Abweichungen der Mandatsverteilung auf die Landtagsparteien vom Verhältnis ihrer Zweitstimmenzahlen können abgesehen von Rundungsdifferenzen in zweifacher Hinsicht vorliegen. Zum einen bevorteilt das d’Hondt-Verfahren Parteien mit vergleichsweise hohen Stimmenanteilen gegenüber Parteien mit vergleichsweise geringen Stimmenanteilen mit bis zu einem Mandat pro Partei. Zum anderen können zum Ausgleich von Überhangmandaten nur maximal so viele Ausgleichsmandate zugeteilt werden, wie es insgesamt Überhangmandate gibt. Damit weicht zwar die tatsächlich zugeteilte Mandatszahl nach oben von der gesetzlichen Mandatszahl in Richtung einer Mandatsverteilung gemäß Listenstimmenverhältnis ab. Sie weicht aber aus dem folgenden Grund nicht zwingend weit genug nach oben ab. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei mehr Direktmandate erzielt, als es bezogen auf die gesetzliche Mandatszahl von 120 ihrem Anteil an den Listenstimmen aller Landtagsparteien entspricht. Insgesamt sind 60 Direktmandate zuzuteilen, also 50 Prozent dieser 120 Mandate. Das ist ein im Vergleich mit anderen Bundesländern niedriger Anteil. Wenn eine Partei jedoch einerseits einen besonders hohen Anteil dieser Direktmandate erzielt – z.B. nahezu alle Direktmandate, wie es in Sachsen seit 2004 der Fall ist – und andererseits deutlich weniger als 50 Prozent der Listenstimmen – wie es ebenfalls seit 2004 stets der Fall ist, dann kommt es zu Überhangmandaten. Zusätzlich bedeutet ein Listenstimmenanteil dieser Partei deutlich unter 50 Prozent, dass pro Überhangmandat dieser Partei rechnerisch mehr als ein Ausgleichsmandat erforderlich ist, damit letztlich das Listenstimmenverhältnis der Landtagsparteien in Mandaten gewahrt ist. Entfallen auf diese Partei z.B. 25-35 Prozent der Listenstimmen, dann sind pro auf sie entfallenes Überhangmandat drei bis vier Ausgleichsmandate hierfür erforderlich. Gäbe es nun zwei Parteien, auf die ungefähr ein solcher Listenstimmenanteil entfiele und von denen eine nahezu alle Direktmandate erzielte, dann würden rund 15-20 Überhangmandate anfallen. Es wären also rund 45-60 Ausgleichsmandate für einen vollständigen Verhältnisausgleich erforderlich. Da nur 15-20 Ausgleichsmandate zuzuteilen wären, würden bei dann 150-160 insgesamt letztlich zugeteilten Mandaten Landtagsparteien im Umfang von rund 20-25 Prozent der gesamten Mandate benachteiligt und die (dann einzige) Partei mit Überhangmandaten entsprechend überrepräsentiert. Historisch war der Umfang dieser Abweichung der Mandatsverteilung vom Listenstimmenverhältnis bislang immer wesentlich kleiner: Die CDU war zweimal mit je einem Mandat überrepräsentiert, 2009 zulasten der SPD und 2014 zulasten der Partei Die Linke.
Quellenverzeichnis
Parlamente und Parlamentswahlen
1946 (Beratende Versammlung): o.A. 1952: Akten und Verhandlungen des Sächsischen Landtages 1. Wahlperiode und der Beratenden Versammlung des Landes Sachsen vom 25. Juni 1946 bis 6. Oktober 1950.
1946 (Landtag): o.A. 1952: I. Zusammensetzung des Landtages; in: Akten und Verhandlungen des Sächsischen Landtages 1. Wahlperiode und der Beratenden Versammlung des Landes Sachsen vom 25. Juni 1946 bis 6. Oktober 1950. A. Übersicht über die Arbeiten des Sächsischen Landtages von seinem ersten Zusammentritt am 22.11.46 bis zur Beendigung seiner Wahlperiode am 15.10.50.
1950: Sächsischer Landtag: 2. Wahlperiode: I. Zusammensetzung des Landtags; in: Register zu den Plenarprotokollen der 2. Wahlperiode. A: Übersicht über die Arbeiten des Sächsischen Landtages von seinem ersten Zusammentreten am 3. November 1950 bis zur Fortsetzung der Arbeit der Abgeordneten in den Bezirkstagen Dresden, Chemnitz, Leipzig auf Grund des Gesetzes über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe im Lande Sachsen vom 25. Juli 1952.
1990: Statistisches Bundesamt (Hrsg.) 1992: Wahlen 1990 in den neuen Bundesländern und Berlin-Ost. Stuttgart: Metzler-Poeschel.
1994: Statistisches Landesamt des Freistaats Sachsen (Bearb.) 1994: Wahlen im Freistaat Sachsen - Landtagswahlen: Amtliche Ergebnisse. Sonderheft. Kamenz: Selbstverlag.
1999: Statistisches Landesamt des Freistaats Sachsen (Bearb.) 1999: Wahlen im Freistaat Sachsen - Landtagswahlen: Amtliche Ergebnisse. Sonderheft. Kamenz: Selbstverlag.
2004: Statistisches Landesamt des Freistaats Sachsen (Bearb.) 2004: Wahlen im Freistaat Sachsen. Landtagswahlen: Endgültige Ergebnisse; in: Statistische Berichte B VII 2-2.
2009: Statistisches Landesamt des Freistaats Sachsen (Hrsg.) 2009: Sächsischer Landtag - Endgültige Ergebnisse 2009; in: Statistische Berichte B VII 2-2 - 5j/09.
2014: Statistisches Landesamt des Freistaats Sachsen 2014: Sächsischer Landtag - Endgültige Ergebnisse 2014; in: Statistische Berichte B VII 2-2 5j/14.
2019: Landeswahlleiterin 2019: Bekanntmachung der Landeswahlleiterin über das endgültige Wahlergebnis der Wahl zum Siebten Sächsischen Landtag am 1. September 2019 im Freistaat Sachsen vom 13. September 2019; in: Sächsisches Amtsblatt Nr. 40/2019 vom 4.10.2019. S.1366-1391.
Erläuterungen zur Verwendung von Maßzahlen bei der Darstellung von Parteiensystemen: Freitag, Markus und Adrian Vatter (Hrsg.) 2008: Die Demokratien der deutschen Bundesländer. Opladen und Farmington Hills: Barbara Budrich.

Kabinette und Investiturabstimmungen
1945: Welsh, Helga A. 1990: Sachsen; in: Broszat, Martin und Hermann Weber (Hrsg.): SBZ-Handbuch: Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen und ihre Führungskräfte in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands 1945-1949. München: R. Oldenbourg. S.126-146. S.142.
1946/I: Beratende Versammlung des Landes Sachsen - Sitzungsprotokoll: Wahlperiode E/Sitzung 1: S.1.
1946/II: Sächsischer Landtag - Sitzungsprotokoll: Wahlperiode I-1/Sitzung 2: S.11.
1947: Sächsischer Landtag - Sitzungsprotokoll: Wahlperiode I-1/Sitzung 24: S.493.
1950: Sächsischer Landtag - Sitzungsprotokoll: Wahlperiode I-2/Sitzung 2: S.23.
1990/I: Beschluss des Ministerrats der DDR auf seiner 27. Sitzung am 29.8.1990; in: Amt des Ministerpräsidenten. Archiv-Signatur I/3-3054; unter https://www.bundesarchiv.de/digitalisate/DC20-I-3-20614/DC_20_I_3_3054/DC_20_I_3_3054_0133.png; zuletzt eingesehen am 30.4.2022. S...
1990/II: Sächsischer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 1/Sitzung 1: S.1.
1994: Sächsischer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 2/Sitzung 1: S.24.
1999: Sächsischer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 3/Sitzung 1: S.7.
2002: Sächsischer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 3/Sitzung 60: S.4158.
2004/I: Sächsischer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 4/Sitzung 2: S.54.
2004/II: Sächsischer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 4/Sitzung 2: S.57.
2008: Sächsischer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 4/Sitzung 107: S.8832.
2009: Sächsischer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 5/Sitzung 1: S.6.
2014: Sächsischer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 6/Sitzung 2: S.10.
2017: Sächsischer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 6/Sitzung 64: S.5802.
2019: Sächsischer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 7/Sitzung 4: S.70.

Die Gestaltung der Tabellen und die Angaben zu allen Ergebnissen in Prozent und zur Mandatsverteilung gehen auf eigene Berechnungen nach den Angaben in o.a. Quellen zurück.

Zuletzt aktualisiert: 10.07.2023
Valentin Schröder
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