Deutschland seit 1945
Landtagswahlen
Land Brandenburg (Zweitstimmen)
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Parteiensystem, Parteien und Kabinette seit 1945

Für die Darstellung des Parteiensystems im Vergleich zu den Parteiensystemen der anderen Bundesländer werden Maßzahlen verwendet. Sie sind in der folgenden Tabelle dargestellt und werden hier erläutert.

  Periode   Kandidaturen (Wahlen)   Format (Wahlen)   ENP (Wahlen)   Volatilität (Wahlen)   ENP (Parlament)   Format (Kabinett)   ENP (Kabinett)  
      Alle Länder BB   Alle Länder BB   Alle Länder BB   Alle Länder BB   Alle Länder BB   Alle Länder BB   Alle Länder BB  
  1990-2010   14,0 12,2   7,8 8,6   3,4 3,8   11,5 15,1   2,9 3,2   1,7 2,1   1,4 1,6  
  2011-2022   17,0 11,0   10,2 9,5   4,5 5,2   14,6 17,1   3,7 4,6   2,1 2,3   1,8 2,2  

Parteiensystem
Die Anzahl der kandidierenden Parteien bei Wahlen zum Landtag von Brandenburg ist zunächst deutlich geringer als der Bundesdurchschnitt. Besonders seit 2011 treten bei Wahlen durchschnittlich nur etwas mehr als halb so viele Parteien wie im Bundesdurchschnitt an. Auch das Format des Parteiensystems, gemessen als Anzahl von Parteien mit einem Stimmenanteil von mindestens 0,5 Prozent (rechnerisch mindestens erforderlich für mindestens ein Parlamentsmandat) ist kleiner als im Bundesdurchschnitt, wenn auch weniger deutlich. Dagegen ist die Fragmentierung des Parteiensystem – also die Verteilung der Stimmen auf die Parteien – in Brandenburg, gemessen mit der ENP bei Wahlen, oft deutlich höher als im Bundesdurchschnitt. Darin spiegeln sich besonders die im Bundesvergleich hohen Stimmenanteile der PDS bzw. der Partei Die Linke. bei Wahlen in den 1990er und 2000er Jahren sowie ab 2011 der AfD. Auch die Volatilität des Parteiensystems – also die summierten Veränderungen der Stimmenanteile der Parteien von Wahl zu Wahl – ist in Brandenburg besonders hoch. Auch die Fragmentierung nur bezogen auf die im Landtag vertretenen Parteien ist überdurchschnittlich hoch. Dies ist besonders seit 2011 besonders ausgeprägt.
Parteien
Schon seit der Neugründung Brandenburgs als Bundesland im Jahr 1990 hat sich die SPD als stärkste Partei bei Landtagswahlen behauptet. Hierin unterscheidet sich Brandenburg von allen anderen ostdeutschen Ländern, in denen zunächst die CDU das Übergewicht hatte. Innerhalb Ostdeutschlands erzielte die SPD nur hier im Jahr 1994 mit über 54 Prozent der Stimmen eine absolute Mehrheit. Seither bewegen sich ihre Stimmenanteile um 30 Prozent. Dabei verzeichnete die SPD im Zeitverlauf regional sehr unterschiedliche Resultate. Besonders stark schnitt sie meist im Norden des Landes ab, besonders schwach im Süden.
Als zweitstärkste Kraft wechselten zunächst CDU und PDS bzw. die Partei Die Linke. einander ab. Dabei erzielte die PDS/Die Linke. im bundesdeutschen Vergleich, aber auch im Vergleich mit den anderen ostdeutschen Bundesländern überdurchschnittliche Ergebnisse, die CDU wiederum in beiden Vergleichen unterdurchschnittliche. Auch diese beiden Parteien erzielten regional sehr unterschiedliche Resultate. Die CDU hatte ihre Hochburgen im Süden des Landes und war im Nordosten besonders schwach. Bei PDS/Die Linke. verhielt es sich gerade umgekehrt. Bei der Wahl 2019 wurden beide von der AfD als zweitstärkste Partei überholt; sie schnitt im Süden des Landes besonders gut ab.
Die übrigen Parteien durchliefen zunächst ein den anderen neuen Bundesländern ähnliches Schicksal. Bei der ersten Landtagswahl 1990 erzielten FDP und Bündnis 90/Die Grünen (noch mit getrennten Kandidaturen als Bündnis 90 bzw. als Grüne) zwar Achtungserfolge. Ihre Stimmenanteile sanken aber in den 1990er und frühen 2000er Jahren auf zwei bis vier Prozent. Parlamentarisch waren sie damit bedeutungslos. Erst seit 2009 sind Bündnis 90/Die Grünen wieder im Landtag vertreten und erzielten 2019 das für diese Partei bis dahin beste Wahlergebnis bei einer Landtagswahl in Ostdeutschland. Die FDP ist seit 2009 mit Unterbrechung im Landtag vertreten.
Ähnlich den anderen neuen Bundesländern erzielten kleinere rechte und rechtsextreme Parteien bei Brandenburger Landtagswahlen in den späten 1990er und 2000er Jahren einige Erfolge. So war die DVU zwischen 1999 und 2009 für zehn Jahre mit rund sechs Prozent der Stimmen im Landtag vertreten.
Seit 2014 konnten sich als eine Besonderheit im ostdeutschen Vergleich die Freien Wähler im Landtag etablieren. Sie zog außerdem bei der Wahl 2014 als bislang einzige Partei bei einer Brandenburger Landtagswahl durch den Gewinn eines Direktmandats anstelle Überspringens der Fünf-Prozent-Hürde in den Landtag ein.
Kabinette
In den Kabinetten hat die SPD stets eine führende Position eingenommen und den Ministerpräsidenten gestellt. Dies gelang ihr zunächst im November 1990 durch Bildung der bundesweit ersten Ampel-Koalition gemeinsam mit FDP und dem damaligen Bündnis 90. Zwischen 1994 und 1999 stellte die SPD gestützt auf eine eigene Mehrheit der Mandate im Landtag allein das Kabinett. Seither ging sie zuerst abwechselnd Koalitionen mit CDU (1999-2009) und der Partei Die Linke. (2009-2019) ein, also mit zwei in Brandenburg parlamentarisch vergleichsweise starken Parteien. Das Format der Kabinette lag daher zunächst bei über zwei, die ENP jedoch nur knapp unter zwei. Ab 2019 regierte die SPD zusammen mit CDU und Bündnis 90/Die Grünen.
Ergebnisse in Prozent
  Die Linke. BSW DL B.90/Grüne SPD FDP CDU BVB/FW DR AfD REP DVU NPD Sonstige WBT Ungültig %  
20.10.1946 43,5 - 5,7 - - 20,5 30,3 - - - - - - - 91,5 3,8  
15.10.1950 99,9 - - - - - - - - - - - - 0,1 98,6 0,1  
14.10.1990 13,4 - - 9,3 38,2 6,8 29,4 - 1,2 - 1,1 - 0,1 0,4 67,1 2,9  
11.09.1994 18,7 - - 2,9 54,1 2,2 18,7 1,0 0,3 - 1,1 - - 0,9 56,3 1,6  
05.09.1999 23,3 - - 1,9 39,3 1,9 26,5 - 0,3 - - 5,3 0,7 0,6 54,3 1,3  
19.09.2004 28,0 - 0,2 3,6 31,9 3,3 19,4 - 4,8 - - 6,1 - 2,7 56,4 2,1  
27.09.2009 27,2 - 0,2 5,7 33,0 7,2 19,8 1,7 0,6 - 0,2 1,1 2,6 0,8 67,0 2,6  
14.09.2014 18,6 - 1,7 6,2 31,9 1,5 23,0 2,7 - 12,2 0,2 - 2,2 - 47,9 1,5  
01.09.2019 10,7 - 0,7 10,8 26,2 4,1 15,6 5,05 0,6 23,5 - - - 2,8 61,3 1,2  
22.09.2024 3,0 13,5 0,1 4,1 30,9 0,8 12,1 2,6 0,4 29,2 - - - 3,3 72,9 0,8  

1950: Die Wählenden hatten lediglich die Möglichkeit, pauschal für oder gegen die Liste der allein kandidierenden Nationalen Front zu stimmen. Die Stimmabgabe erfolgte offen, die Wahl war daher nicht geheim. Die Zuteilung der Mandate im Landtag erfolgte nach einem vor der Wahl festgelegten Schlüssel.
Vom Juli 1952 bis zum Oktober 1990 bestand das Land Brandenburg als politische Einheit nicht.

-Die Linke.: 1946 SED; 1950 Liste der Kandidaten der Nationalen Front; 1990 PDS-Linke Liste (Listenverbindung aus PDS, DFD, Die Nelken, FDJ, Marxistische Jugendvereinigung "Junge Linke"); 1994-2004 PDS
-DL: 1946 VdgB; 2004-2009 DKP; 2014 davon Piraten 1,5%, DKP 0,2%; 2019 Piraten; 2024 DKP
-Bündnis 90/Grüne: 1990 davon Bündnis 90 6,4%, Grüne 2,8%
-BVB/FW: 1994 BürgerBündnis freier Wähler (Bürgerbündnis); 2009 "Zusammen für Brandenburg: Freie Wähler" (Listenvereinigung von BVB/FW und FWD)
-FDP: 1946 LDPD; 1990 davon FDP 6,6%, DForumP 0,1%
-DR: 1990 davon DSU 1%, Liga 0,2%; 1994 davon DSU 0,2%, ÖDP 0,1%; 1999 BfB - Die Offensive; 2004 davon Familie 2,6%, 50Plus 1%, Pro Brandenburg/Bürger rettet Brandenburg (BRB) 0,5%, Ja zu Brandenburg (JA) 0,4%, Offensive D 0,3%; 2009 50Plus; 2019 ÖDP; 2024 davon WU 0,3%, III. Weg 0,1%
-Sonstige: 1950: Stimmen gegen die Kandidaten der Nationalen Front; 1990 davon DBU 0,3%, Domowina 0,1%; 1994 davon Graue 0,3%, Unabhängige Wählergemeinschaft der Vertriebenen und anderer Benachteiligter (UWVB) 0,4%, Brandenburgische Freie Wähler-Gemeinschaft (BFWG) 0,2%; 1999 BFWG; 2004 davon Allianz freier Wähler (AfW), Graue, Allianz Unabhängiger Bürger - Brandenburg e.V. (AUB) je 0,9%; 2009 davon RRP 0,5%, Die Volksinitiative gegen die Massenbebauung Brandenburgs mit Windenergieanlagen und die verfehlte Wasserpolitik (VMBWW), 0,3%; 2019 davon Tierschutzpartei 2,6%, V-Partei 0,2%; 2024 davon Tierschutzpartei 2%, Plus Brandenburg (Listenvereinigung von Volt, Piraten und ÖDP) 0,9%, Deutsch Land Wirtschaft (DLW) 0,4%

Mandatsverteilung im Landtag
  Die Linke. BSW B.90/Grüne SPD FDP CDU BVB/FW AfD DVU BP/MO Insgesamt  
03.07.1946 10 - - - 10 10 - - - 40 70  
20.10.1946 44 - - - 20 31 - - - 5 100  
15.10.1950 18 - - - 12 14 - - - 56 100  
14.10.1990 13 - 6 36 6 27 - - - - 88  
11.09.1994 18 - 0 52 0 18 0 - - - 88  
05.09.1999 22 - 0 37 0 25 - - 5 - 89  
19.09.2004 29 - 0 33 0 20 - - 6 - 88  
27.09.2009 26 - 5 31 7 19 0 - 0 - 88  
14.09.2014 17 - 6 30 0 21 3 11 - - 88  
01.09.2019 10 - 10 25 0 15 5 23 - - 88  
22.09.2024 0 14 0 32 0 12 0 30 - - 88  

1946/I durch den Präsidenten der Landesverwaltung einberufene Beratende Landesversammlung

-Die Linke.: 1946/I-1950 SED; 1990 PDS-Linke Liste (Listenverbindung aus PDS, DFD, Die Nelken, FDJ, Marxistische Jugendvereinigung "Junge Linke"); 1994-2004 PDS
-Bündnis 90/Grüne: 1990 Bündnis 90
-BVB/FW: 1994 BürgerBündnis freier Wähler; 2014 Mandate erzielt durch den Gewinn eines Direktmandats und damit Erfüllen der Grundmandatsklausel anstelle Überspringens der Fünf-Prozent-Hürde
-FDP: 1946, 1950 LDPD
-BP/MO (Blockparteien und Massenorganisationen): 1946/I davon FDGB 10, "Einzelpersönlichkeiten" 7, VdgB 5, Industrie- und Handelskammern 5, Handwerkskammern 5, FDJ 3, Frauenausschüsse 2, KB 3; 1946/II VdgB; 1950 davon FDGB 11, DFD 9, FDJ 9, DBD 6, NDPD 6, VVN 4, KuBu 5, VdgB 3, KG 3

Überhangmandate
1999: 1 (SPD)

Kabinette und Investiturabstimmungen
  Kabinett Kandidatur Parlamentarische Unterstützung Wahl- Sitzung Wahl- Mandate Stimmen bei der Abstimmung  
      Partei/en Mandate periode   gang insgesamt Abgegeben Dafür Dagegen Enthaltung Ungültig  
15.06.1945 Steinhoff I Karl Steinhoff - - - - - - - - - - -  
03.07.1946 Steinhoff II Karl Steinhoff SED, CDU, FDP, VdgB, KuBu, DFD 70 E 1 - 60 - - - - -  
06.12.1946 Steinhoff III Karl Steinhoff SED, CDU, FDP, VdgB 100 I-1 2 1 100 95 91 0 2 2  
07.10.1949 Falkenberg Otto Falkenberg SED, CDU, FDP, VdgB 100 I-1 58 - 100 - - - - -  
05.12.1949 Jahn I Rudi Jahn SED, CDU, FDP, VdgB 100 I-1 59 1 100 95 95 0 0 0  
27.11.1950 Jahn II Rudi Jahn SED, CDU, FDP, NDPD, DBD 100 I-2 2 1 100 100 100 0 0 0  
25.07.1952 - - - - - - - - - - - - -  
03.10.1990 Wolf Jochen Wolf - - - - - - - - - - -  
01.11.1990 Stolpe I Manfred Stolpe SPD, FDP, Bündnis 90 48 1 2 1 88 85 58 26 1 0  
30.04.1993 Stolpe II - SPD, FDP, Bürgerbündnis 45 1 69 - 88 - - - - -  
22.03.1994 Stolpe III - SPD, FDP 42 1 89 - 88 81 44 18 19 0  
11.10.1994 Stolpe IV Manfred Stolpe SPD 52 2 1 1 88 86 53 30 3 0  
13.10.1999 Stolpe V Manfred Stolpe SPD, CDU 62 3 2 1 89 85 58 27 0 0  
26.06.2002 Platzeck I Matthias Platzeck SPD, CDU 62 3 58 1 88 82 54 28 0 0  
13.10.2004 Platzeck II Matthias Platzeck SPD, CDU 53 4 1 1 88 87 47 36 4 0  
06.11.2009 Platzeck III Matthias Platzeck SPD, Linke. 57 5 2 1 88 86 54 32 0 0  
28.08.2013 Woidke I Dietmar Woidke SPD, Linke. 57 5 79 1 88 87 59 25 3 0  
05.11.2014 Woidke II Dietmar Woidke SPD, Linke. 47 6 3 1 88 87 47 40 0 0  
20.11.2019 Woidke III Dietmar Woidke SPD, CDU, B.90/Grüne 50 7 3 1 88 87 47 37 3 0  

Vgl. auch die Erläuterungen zu Kabinetten und Investiturabstimmungen.
1945-1946/I: Ernannt durch die sowjetische Besatzungsmacht
1946/II, 1949/II, 1950: Offene Wahl durch Handzeichen
1949/I: Geschäftsführend nach dem Rücktritt Steinhoffs im Zuge dessen Eintritts in die Regierung der DDR
1952: Auflösung des Landes in Bezirke
1990/I: Landesbevollmächtigter für das am 3.10.1990 neugebildete Land Brandenburg, eingesetzt durch Beschluss des Ministerrats der DDR
1993: Austritt der Minister des Bündnis 90 aus ihrer Partei und deren Eintritt in die Partei Bürgerbündnis
1994/I: Austritt des Ministers des Bürgerbündnis aus dem Bürgerbündnis; invertiertes Ergebnis der Abstimmung am 23.4. über Aufforderung an den Ministerpräsidenten zurückzutreten

Dafür, Dagegen: Stimmen auf "Ja" bzw. "Nein"

Ergebnisse in Stimmen
  Die Linke. BSW DL B.90/Grüne SPD FDP CDU BVB/FW DR AfD REP DVU NPD Sonstige Berechtigt Abgegeben Gültig Ungültig  
20.10.1946 634786 - 83271 - - 298311 442206 - - - - - - - 1655980 1515987 1458574 57413  
15.10.1950 1826232 - - - - - - - - - - - - 1552 1853850 1828710 1827784 926  
14.10.1990 170804 - - 117963 487134 86324 374572 - 15273 - 14631 - 1666 5539 1955403 1312120 1273906 38214  
11.09.1994 200628 - - 31033 580422 23541 200700 10405 3286 - 12140 - - 9864 1933680 1089161 1072019 17142  
05.09.1999 257309 - - 21410 433521 20472 292634 - 3622 - - 58247 8137 7008 2056834 1116874 1102360 14514  
19.09.2004 326801 - 2084 42091 372942 38890 227062 - 56529 - - 71041 - 31469 2117145 1194192 1168909 25283  
27.09.2009 377112 - 2144 78550 458840 100123 274825 23296 7905 - 3132 15903 35544 11348 2126357 1425069 1388722 36347  
14.09.2014 183178 - 16940 60767 315202 14376 226835 26317 - 120077 2024 - 21605 - 2094458 1002753 987321 15432  
01.09.2019 135558 - 8712 136364 331238 51660 196988 63851 7237 297484 - - - 36014 2088592 1280895 1265106 15789  
22.09.2024 44706 202421 1021 62057 463800 12475 181716 38573 5688 438904 - - - 50258 2076920 1513975 1501619 12356  

-DL: 2014 davon Piraten 14595, DKP 2345
-B.90/Grüne: 1990 davon Bündnis 90 81725, Grüne 36238
-FDP: 1990 davon FDP 84501, DForumP 1823
-DR: 1990 davon DSU 12552, Liga 2721; 1994 davon DSU 1932, ÖDP 1354; 2004 davon Familie 30843, 50Plus 11875, BRB 5990, JA 4114, Offensive D 3707; 2024 davon WU 3878, III. Weg 1810
-Sonstige: 1990 davon DBU 4362, Domowina 1177; 1994 davon UWVB 4240, Graue 3199; 2004 davon AFW 11006, Graue 10470, AUB 9993; 2009 davon RRP 6896, VMBWW 4452; 2024 davon Tierschutzpartei 30041, Plus 13584, DLW 6633

Wahlsystem
Geltende Regelungen
In Brandenburg besteht ein Mischwahlsystem aus Mehrheits- und Verhältniswahl. Die Wählenden haben je zwei Stimmen: Erststimme und Zweitstimme. Gesetzlich sind insgesamt 88 Mandate zuzuteilen. Das Wahlgebiet ist in 44 Wahlkreise aufgeteilt. Dort erzielt je ein Direktmandat, wer die meisten Erststimmen auf sich vereinigt. An der weiteren Mandatszuteilung können nur Parteien teilnehmen, die landesweit mindestens entweder fünf Prozent der gültigen Zweitstimmen oder ein Direktmandat erzielt haben (Landtagsparteien). Von dieser Sperrklausel ausgenommen sind die Parteien, politischen Vereinigungen oder Listenvereinigungen der Sorben/Wenden. Weitere mindestens 44 Mandate werden per Verhältniswahl mit Landeslisten (starre Listen) nach dem Hare-Niemeyer-Verfahren so vergeben, dass die gesamte Mandatszahl jeder Landtagspartei ihrem Zweitstimmenanteil bezogen auf die anderen Landtagsparteien entspricht. Erzielt eine Landtagspartei mehr Direktmandate, als ihr laut diesem Zweitstimmenanteil zustehen (Überhangmandate), erhalten die übrigen Landtagsparteien entsprechend zusätzliche Mandate auf ihren Landeslisten (Ausgleichsmandate) bis zu einer maximalen gesamten Mandatszahl von 110. Die gesetzliche Wahlperiode dauert fünf Jahre.
Abweichende frühere Regelungen
Bei den Wahlen bis incl. 1990 dauerte die Wahlperiode nur vier Jahre.
Bei der Wahl 1990 konnten gemäß §7 V Gesetz über die Wahlen zu Landtagen in der Deutschen Demokratischen Republik vom 22.7.1990 zwar Überhangmandaten anfallen. Es wären dann aber keine Ausgleichsmandate zuzuteilen gewesen. Auch galt bei dieser Wahl gemäß §7 VI dieses Gesetzes eine Sperrklausel von mindestens fünf Prozent der gültigen Stimmen oder drei Direktmandaten. Sie galt nicht für Parteien ethnischer Minderheiten.
Bei der Wahl 1950 reichten alle gem. §26 II Gesetz über die Wahlen zur Volkskammer, zu den Landtagen, Kreistagen und Gemeindevertretungen in der Deutschen Demokratischen Republik am 15. Oktober 1950 vom 9.8.1950 zur Einreichung eines Wahlvorschlags berechtigten Vereinigungen einen gemeinsamen Wahlvorschlag gem. §27 dieses Gesetzes ein. Diese sog. Einheitsliste wurde von der "Nationalen Front des demokratischen Deutschland" festgelegt. Die "Nationale Front war ein Zusammenschluss aller zugelassenen Parteien und sog. "Massenorganisationen" unter Führung der SED. Zuzuteilen waren genau 100 Mandate. Zur Mandatszuteilung enthielt das Gesetz nur die Bestimmung, dass die Wahl "nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechts in einem Wahlakt" durchgeführt werde. Da nur eine einzige Liste zur Wahl stand, wäre eine nähere Regelung auch belanglos geblieben. Die Parteien hatten untereinander eine Mandatsverteilung bereits vor der Wahl vereinbart. Diese billigte der SED als Partei 18 der 100 Mandate zu. Auf LDPD und CDU entfielen zusammen 26 Mandate. Weitere 12 Mandate trafen auf die erst kurz zuvor gegründeten Parteien DBD und NDPD. Die übrigen 44 Mandate fielen an Massenorganisationen wie z.B. den FDGB, also nicht an Parteien. Die Mandatsträger der Massenorganisationen waren aber wiederum oft Mitglied der SED. Dadurch war eine äußerst starke Position der SED-Mitglieder im Landtag gesichert. Sie war durch die Herkunft des individuellen Mandats aber nicht direkt sichtbar. Zur Dauer der Wahlperiode enthielt das Gesetz keine Regelung. Mit der Auflösung der Länder auf dem Gebiet der DDR am 23.7.1952 hörte auch der Brandenburger Landtag auf zu existieren. An seine Stelle traten in den anstelle der Länder eingerichteten Bezirken (in Brandenburg im Wesentlichen die Bezirke Cottbus, Frankfurt/Oder und Potsdam) die dortigen Bezirkstage. Sie wurden – zuletzt 1986 – nach dem Muster der Wahl von 1950 gebildet.
Bei der Wahl 1946 betrug die gesetzliche Mandatszahl gemäß Wahlordnung für die Landtags- und Kreistagswahlen in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands vom 11. September 1946 genau 100. Es galt starre Listenwahl mit einer Liste pro Partei für das gesamte Wahlgebiet. Die Mandatszuteilung erfolgte per d’Hondt-Verfahren im Verhältnis der gültigen Stimmen für die Parteien. Eine Sperrklausel bestand nicht. Zur Dauer der Wahlperiode enthielt das Wahlgesetz keine Regelung.
Wahlsystembedingte Abweichungen der Mandatsverteilung auf die Landtagsparteien vom Verhältnis ihrer Stimmenzahlen und von der gesetzlichen Mandatszahl
Abweichungen der Mandatsverteilung auf die Landtagsparteien vom Verhältnis ihrer Zweitstimmenzahlen können abgesehen von Rundungsdifferenzen nur auftreten, wenn dafür Überhangmandate über die Zahl von 110 Landtagsmandaten insgesamt hinaus ausgeglichen werden müssten, wenn dafür also mehr als 22 Überhang- und Ausgleichsmandaten anfallen würden. Hierzu kam es bislang nie. Die Hälfte der gesetzlichen Mandatszahl fällt als Direktmandate an. Dies ist im Vergleich zu anderen Bundesländern ein niedriger Anteil. Es kam bislang einmal zu einem (rechnerisch nicht auszugleichenden) Überhangmandat, und zwar für die SPD bei der Wahl 1999.
Damit kam es in Brandenburg historisch im Vergleich mit anderen Bundesländern nur äußerst selten zu Abweichungen der tatsächlichen Mandatszahl von der gesetzlichen Mandatszahl. Eine Ursache dafür ist die vergleichsweise geringe Anzahl von Direktmandaten, welche die SPD als zweitstimmenmäßig stärkste Partei bei den Brandenburger Landtagswahlen seit 1999 erzielte. In vielen anderen Bundesländern entfallen oftmals die weitaus meisten Direktmandate nur auf die stärkste Partei. Dies führt oft zu zahlreichen Überhangmandaten – zu umso mehr, je geringer der Zweitstimmenanteil dieser stärksten Partei ist. In Brandenburg erzielte die SPD dagegen z.B. 2004 und 2009 sogar nur die zweitmeisten Direktmandate. Die regionalen Schwerpunkte von PDS/Die Linke., CDU und seit 2019 der AfD (vgl. oben unter "Parteien") führten dort zu Direktmandatserfolgen dieser Parteien. Dies wirkte der Konzentration besonders vieler Direktmandate bei der SPD als zweitstimmenstärkster Partei deutlich entgegen. Entsprechend fielen keine auszugleichenden Überhangmandate an.

Quellenverzeichnis
Parlamente und Parlamentswahlen
1946/I (Beratende Landesversammlung): Koch, Manfred 1990: Beratende Versammlungen; in: Broszat, Martin und Hermann Weber (Hrsg.): SBZ-Handbuch. München: Oldenburg. S.321ff.
1946/II, 1950: Schachtner, Richard 1956: Die deutschen Nachkriegswahlen: Wahlergebnisse in der Bundesrepublik Deutschland, in den deutschen Bundesländern, in West-Berlin, im Saarland und in der Sowjetzone (DDR) 1946-1956. München: Isar-Verlag. S.77, 78.
1990: Landeswahlleiter des Landes Brandenburg und Statistisches Amt Potsdam (Hrsg.) 1990: Landtagswahl im Land Brandenburg am 14. Oktober 1990. Endgültiges Ergebnis. Potsdam: Selbstverlag.
1994: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Brandenburg (Hrsg.) 1994: Landtagswahl 1994. Wahl zum 2. Landtag Brandenburg am 11. September 1994. Endgültiges Ergebnis; in: Statistische Berichte B VII 2 - 94/3.
1999: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Brandenburg (Hrsg.) 1999: Landtagswahl 1999. Wahl zum 3. Landtag Brandenburg am 5. September 1999. Endgültiges Ergebnis; in: Statistische Bericht B VII 2 - 99/3.
2004: Landesbetrieb für Datenverarbeitung und Statistik Land Brandenburg (Hrsg.) 2005: Landtagswahl 19.09.2004. Endgültiges Ergebnis: Neufeststellung durch Landeswahlausschuss am 16.02.2005; in: Statistische Berichte B VII 2-3/04.
2009: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (Hrsg.) 2009: Wahl zum 5. Brandenburger Landtag am 27. September 2009, Endgültiges Ergebnis. Wahlbericht, zugleich Statistischer Bericht B VII 2-3 – 5j/09.
2014: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (Hrsg.) 2014: Wahl zum 6. Brandenburger Landtag am 14. September 2014, Endgültiges Ergebnis. Wahlbericht, zugleich Statistischer Bericht B VII 2-3 – 5j/14.
2019: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (Hrsg.) 2019: Wahl zum 7. Brandenburger Landtag am 1. September 2019, Endgültiges Ergebnis. Statistischer Bericht B VII 2-3 – 5j/19.
2024: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (Hrsg.) 2024: Wahl zum 8. Brandenburger Landtag am 22. September 2024, Endgültiges Ergebnis. Statistischer Bericht B VII 2-3 – 5j/24.
Erläuterungen zur Verwendung von Maßzahlen bei der Darstellung von Parteiensystemen: Freitag, Markus und Adrian Vatter (Hrsg.) 2008: Die Demokratien der deutschen Bundesländer. Opladen und Farmington Hills: Barbara Budrich.

Kabinette und Investiturabstimmungen
1945: Fait, Barbara 1990: (Mark) Brandenburg; in: Broszat, Martin und Hermann Weber (Hrsg.): SBZ-Handbuch: Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen und ihre Führungskräfte in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands 1945-1949. München: R. Oldenbourg. S.80-102. S.96.
1946/I: Koch, Manfred 1990: Beratende Versammlungen; in: Broszat, Martin und Hermann Weber (Hrsg.): SBZ-Handbuch: Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen und ihre Führungskräfte in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands 1945-1949. München: R. Oldenbourg. S.321-328. S.326.
1946/II: Landtag der Mark Brandenburg - Stenographischer Bericht (Drs. 11): Wahlperiode I-1/Sitzung 2: S.1.
1949/I: Landtag des Landes Brandenburg - Stenographischer Bericht (Drs. 433): Wahlperiode I-1/Sitzung 59: S.2.
1949/II: Landtag des Landes Brandenburg - Stenographischer Bericht (Drs. 433): Wahlperiode I-1/Sitzung 59: S.2.
1950: Landtag des Landes Brandenburg - Stenographischer Bericht (Drs. 3): Wahlperiode I-2/Sitzung 2: S.1.
1990/I: Beschluss des Ministerrats der DDR auf seiner 27. Sitzung am 29.8.1990; in: Amt des Ministerpräsidenten. Archiv-Signatur I/3-3054; unter https://www.bundesarchiv.de/digitalisate/DC20-I-3-20614/DC_20_I_3_3054/DC_20_I_3_3054_0133.png; zuletzt eingesehen am 30.4.2022. S...
1990/II: Landtag Brandenburg - Plenarprotokoll: Wahlperiode 1/Sitzung 2: S.33.
1993: Landtag Brandenburg - Präsidiumsprotokoll 1/714 vom 05.05.1993. S.3.
1994/I: Landtag Brandenburg - Plenarprotokoll: Wahlperiode 1/Sitzung 89: S.7278.
1994/II: Landtag Brandenburg - Plenarprotokoll: Wahlperiode 2/Sitzung 1: S.8.
1999: Landtag Brandenburg - Plenarprotokoll: Wahlperiode 3/Sitzung 2: S.11.
2002: Landtag Brandenburg - Plenarprotokoll: Wahlperiode 3/Sitzung 58: S.3872.
2004: Landtag Brandenburg - Plenarprotokoll: Wahlperiode 4/Sitzung 1: S.7.
2009: Landtag Brandenburg - Plenarprotokoll: Wahlperiode 5/Sitzung 2: S.28.
2013: Landtag Brandenburg - Plenarprotokoll: Wahlperiode 5/Sitzung 79: S.6353.
2014: Landtag Brandenburg - Plenarprotokoll: Wahlperiode 6/Sitzung 3: S.3.
2019: Landtag Brandenburg - Plenarprotokoll: Wahlperiode 7/Sitzung 3: S.3.

Die Gestaltung der Tabellen und die Angaben zu allen Ergebnissen in Prozent und zur Mandatsverteilung gehen auf eigene Berechnungen nach den Angaben in o.a. Quellen zurück.

Zuletzt aktualisiert: 15.10.2024
Valentin Schröder
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