Deutschland seit 1945
Landtagswahlen
Freistaat Thüringen (Zweitstimmen)
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Parteiensystem, Parteien und Kabinette seit 1945

Für die Darstellung des Parteiensystems im Vergleich zu den Parteiensystemen der anderen Bundesländer werden Maßzahlen verwendet. Sie sind in der folgenden Tabelle dargestellt und werden hier erläutert.

Periode   Kandidaturen (Wahlen)   Format (Wahlen)   ENP (Wahlen)   Volatilität (Wahlen)   ENP (Parlament)   Format (Kabinett)   ENP (Kabinett)  
    Alle Länder TH   Alle Länder TH   Alle Länder TH   Alle Länder TH   Alle Länder TH   Alle Länder TH   Alle Länder TH  
1990-2010   14,0 11,6   7,8 8,0   3,4 3,6   11,5 15,3   2,9 2,9   1,7 1,6   1,4 1,4  
2011-2022   17,0 15,0   10,2 10,0   4,5 4,6   14,6 15,6   3,7 4,0   2,1 2,3   1,8 1,7  

Parteiensystem
Das Parteiensystem bei Landtagswahlen in Thüringen ist durch vergleichsweise wenige kandidierende Parteien und Wählervereinigungen gekennzeichnet. Während z.B. 1990-2010 im bundesweiten Durchschnitt aller Landtagswahlen je 14 Kandidaturen vorlagen, waren es bei den thüringischen Landtagswahlen in diesem Zeitraum im Durchschnitt nur 11,6. Das Format des Parteiensystems, berechnet als Anzahl nur der Parteien mit mindestens 0,5 Prozent der gültigen Stimmen, entspricht seit 1990 weitgehend den bundesweiten Mittelwerten. Auch die Fragmentierung des Parteiensystems, berechnet als ENP aller Parteien bei den Landtagswahlen, liegt mit 3,6 (1990-2010) bzw. 4,6 (2011-22) sehr nah am Bundesdurchschnitt. Jedoch ist die Volatilität des Parteiensystems in Thüringen, berechnet als summierte Veränderungen der Stimmenanteile jeder Partei von einer Wahl zur nächsten Wahl, im Bundesvergleich sehr hoch. Besonders im Zeitraum 1990-2010 lag sie mit 15,3 um rund ein Viertel über dem bundesweiten Wert von 11,5. Die Fragmentierung nur bezogen auf die im Landtag vertretenen Parteien, berechnet als ENP nur dieser Parteien, entspricht hingegen im Wesentlichen dem Bundesschnitt.
Parteien
Im Lauf der 1990er Jahre konnte zunächst die CDU eine dominante Position im Thüringer Parteiensystem erzielen. Schon bei der ersten Landtagswahl nach Wiedergründung des Landes im Jahr 1990 verfehlte sie eine eigene Mandatsmehrheit nur um ein Mandat. Bei der Wahl 1999 erzielte sie diese Mehrheit – und auch eine absolute Mehrheit der gültigen Stimmen – und konnte diese auch bei der Wahl 2004 verteidigen. Seither hat sich die Position der CDU bei den Landtagswahlen jedoch immer weiter verschlechtert. Zunächst wurde sie bei den Wahlen 2009 und 2014 mit einem Stimmenanteil von jeweils wenig über 30 Prozent nur knapp stärkste Partei vor der Partei Die Linke. Danach fiel sie bei der Wahl 2019 mit kaum über 20 Prozent auf den dritten Rang zurück.
Umgekehrt konnte die PDS/Die Linke. seit 1990 immer höhere Stimmenanteile erzielen. Bereits 1999 überholte sie die SPD als zweitstärkste Kraft und erzielte seither überdurchschnittliche Ergebnisse. Bei der Wahl 2019 kam sie mit 31 Prozent sogar auf den höchsten Wert, den Die Linke. jemals bei Landtagswahlen in einem Bundesland verzeichnen konnte.
Im ostdeutschen Vergleich durchschnittliche Stimmenanteile erzielt seit den 2010er Jahren die AfD. Sie wurde bei der Wahl 2019, wie in den anderen ostdeutschen Bundesländern, zweitstärkste Partei.
SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen konnten hingegen seit 1990 meist nur unterdurchschnittliche Ergebnisse erzielen. So verfehlten FPD und Grüne im Zeitraum 1994 bis 2004 dreimal nacheinander den Landtagseinzug. Auch seither liegen die Ergebnisse dieser beiden Parteien meist um weniger über fünf Prozent, teils darunter. Die SPD kommt in Thüringen bei Landtagswahlen regelmäßig nur auf ihre zweitgeringsten Stimmenanteile (nach Sachsen) im bundesweiten Vergleich.
Rechtskonservative und rechtsextreme Parteien erzielten bis 2009 in Thüringen mehrere Achtungserfolge. Z.B. kamen die DSU bei der Wahl 1990 auf 3,3 Prozent, die DVU bei der Wahl 1999 auf 3,1 Prozent und die NPD bei der Wahl 2009 auf 4,3 Prozent.
Kabinette
Das Format der Kabinette lag in Thüringen im Zeitraum 1990-2010 mit 1,7 leicht unter dem bundesweiten Durchschnitt. Ähnlich verhielt es sich bei einem Mittelwert von 1,4 mit der Fragmentierung der Kabinette, berechnet als ENP nur bezogen auf die Kabinettsparteien. Diese deutlich unter 2,0 liegenden Werte sind auf die dominante Position der CDU in diesem Zeitraum zurückzuführen: Sie war 1999-2009 allein im Kabinett vertreten und davor und danach die mit Abstand je größere Koalitionspartnerin. Seit der Bildung rot-rot-grüner Kabinette nach der Wahl 2014 haben sich Format und ENP deutlich erhöht, bewegen sich aber nach wie vor ungefähr im Bundesdurchschnitt.
Für bundesweites Aufsehen sorgte die Kabinettsbildung nach der Wahl 2019. Bei dieser Wahl hatte die vorherige Koalition der Linken., SPD und Grünen ihre Mandatsmehrheit verloren. Nun konnte einerseits entlang der insgesamt 90 Landtagsmandate keine absolute Mandatsmehrheit gegen die summierten Stimmen der Linken. (29 Mandate) und der AfD (22) erzielt werden. Andererseits war keine Partei zu einer Zusammenarbeit mit der AfD bereit und waren CDU und FDP außerdem nicht bereit, mit der Linken. zu koalieren. Damit konnte zunächst keine (miteinander koalitionsbereite) Kombination von Parteien eine eigene Mandatsmehrheit auf sich verteidigen. Es vergingen nach der Wahl im Oktober 2019 mehrere Monate, bis der Landtag am 5.2.2020 zur Wahl eines Ministerpräsidenten schritt. Im ersten Wahlgang war dafür eine absolute Mandatsmehrheit erforderlich, also 46 Stimmen. Für die Linke. kandidierte der bisherige Ministerpräsident Bodo Ramelow, unterstützt von SPD und Grünen. Außerdem kandidierte Christoph Kindervater, nominiert von der AfD. Ramelow erzielte 42 Stimmen, Kindervater 25. Damit erreichte kein Kandidat die erforderliche Mehrheit. Ebenso kam es im zweiten Wahlgang (Ramelow: 44 Stimmen, Kindervater: 24). Im dritten Wahlgang war zum Ministerpräsidenten gewählt, wer die einfache Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigte. Zusätzlich zu Ramelow und Kindervater wurde nun auch der Abgeordnete Thomas Kemmerich von der FDP nominiert. In diesem dritten Wahlgang erzielte Kemmerich mit 45 Stimmen eine einfache Mehrheit (Ramelow: 44 Stimmen, Kindervater: 0). Er war damit zum Ministerpräsidenten gewählt und nahm das Amt an. Er bildete aber kein Kabinett und trat bereits am 8.2.2020 zurück. Daraufhin wurde eine erneute Wahl eines Ministerpräsidenten erforderlich. Sie erfolgte am 4.3.2020. Die ersten beiden Wahlgänge gingen ohne Wahl eines Ministerpräsidenten aus: die beiden Kandidaten Ramelow und Björn Höcke (AfD) verpassten mit jeweils 42 (Ramelow) bzw. 22 (Höcke) Stimmen die absolute Mandatsmehrheit. Erst im dritten Wahlgang, in dem diesmal nur Ramelow antrat, wurde er mit einfacher Mehrheit (42 Stimmen) gewählt. Er bildete ein Minderheitskabinett der Linken., SPD und Grünen.
Ergebnisse in Prozent
  Die Linke. DL B.90/Grüne SPD Bürger FDP CDU DR AfD REP DVU NPD Sonstige WBT Ungültig %  
20.10.1946 49,3 3,3 - - - 28,5 18,9 - - - - - - 87,5 4,4  
15.10.1950 99,1 - - - - - - - - - - - 0,9 98,2 0,3  
14.10.1990 9,7 0,8 7,2 22,8 - 9,3 45,4 3,5 - 0,8 - 0,2 0,3 71,7 2,6  
16.10.1994 16,6 - 4,5 29,6 1,1 3,2 42,6 0,8 - 1,3 - - 0,4 74,8 2,7  
12.09.1999 21,3 - 1,9 18,5 0,3 1,1 51,0 1,2 - 0,8 3,1 0,2 0,5 59,9 1,3  
13.06.2004 26,1 0,2 4,5 14,5 2,6 3,6 43,0 0,8 - 2,0 - 1,6 1,3 53,8 4,1  
30.08.2009 27,4 - 6,2 18,5 3,9 7,6 31,2 0,4 - 0,4 - 4,3 - 56,2 1,8  
14.09.2014 28,2 1,2 5,7 12,4 1,7 2,5 33,5 - 10,6 0,2 - 3,6 0,6 52,7 1,4  
27.10.2019 31,0 0,7 5,2 8,2 - 5,01 21,7 0,5 23,4 - - 0,5 3,7 64,9 1,2  

1950: Die Wähler hatten lediglich die Möglichkeit, pauschal für oder gegen die Kandidaten der allein kandidierenden Liste der Nationalen Front zu stimmen. Die Stimmabgabe erfolgte offen, die Wahl war daher nicht geheim. Die Zuteilung der Mandate im Landtag erfolgte nach einem vor der Wahl festgelegten Schlüssel. Vom Juli 1952 bis zum Oktober 1990 bestand das Land Thüringen als politische Einheit nicht.
Ab 1990: Landesstimmen
1994: Korrigiertes Ergebnis

-Die Linke.: 1946 SED; 1950: Liste der Kandidaten der Nationalen Front; 1990 Linke Liste - PDS (Listenverbindung aus PDS, Die Nelken, FDJ, KPD[a]); 1994-2004 PDS
-DL: 1946 VdgB; 1990 DFD; 2004 KPD[a]; 2014 davon Piraten 1%, KPD[a] 0,1%; 2019 davon Piraten 0,4%, MLPD 0, 3%, KPD[a] 0,1%
-Bündnis 90/Grüne: 1990 davon Grüne/Neues Forum/Demokratie Jetzt 6,5%, UFV 0,7%
-FDP: 1946 LDPD
-Bürger: 1994-1999 Forum; 2004-2014 Freie Wähler in Thüringen (ab 2013 Landesverband der FW)
-DR: 1990 davon DSU 3,3%, Liga 0,3%; 1994 davon Statt 0,3%, DSU 0,2%, ÖDP 0,2%; 1999 davon Volksinteressenbund Thüringen (VIBT) 0,9%, PBC 0,2%, DSU 0,2%; 2004 davon VIBT 0,3%, ÖDP 0,2%, Bürgerliche Soziale Union (BSU) 0,2%; 2009 ÖDP; 2019 davon ÖDP/Familie 0,4%, Blaue 0,1%
-Sonstige: 1950: Gesamtzahl der Stimmen gegen die Liste der Kandidaten der Nationalen Front; 1990 Deutsche Biertrinker-Union (DBU); 1994 Graue; 1999 Frauen; 2004 davon Graue 0,8%, Ostdeutsche Alternative für Deutschland (ODAD) 0,4%; 2014 DPart; 2019 davon DPart 1,1%, Tierschutzliste 1,1%, Graue 0,5%, Gesundheitsforschung 0,5%, BGE 0,2%, Direkte 0,2%

Mandatsverteilung im Landtag
  Die Linke. B.90/Grüne SPD FDP CDU AfD BP/MO Insgesamt  
26.06.1946 10 - - 10 10 - 39 69  
20.10.1946 49 - - 28 19 - 3 99  
15.10.1950 21 - - 15 15 - 49 100  
14.10.1990 9 6 21 9 44 - - 89  
16.10.1994 17 0 29 0 42 - - 88  
12.09.1999 21 0 18 0 49 - - 88  
13.06.2004 28 0 15 0 45 - - 88  
30.08.2009 27 6 18 7 30 - - 88  
14.09.2014 28 6 12 0 34 11 - 91  
27.10.2019 29 5 8 5 21 22 - 90  

1946/I: vom Präsidenten der Provinzialverwaltung einberufene ernannte Beratende Versammlung

-Die Linke: 1946/I-1950 SED; 1990 Linke Liste - PDS; 1994-2004 PDS
-FDP: 1946-1950 LDPD
-BP/MO (Blockparteien und Massenorganisationen): 1946/I davon "Einzelpersönlichkeiten" 12, FDGB 10, VdgB 5, FDJ, Frauenausschüsse 3, Industrie- und Handelskammer 3, Handwerkskammer 3; 1946/II VdgB; 1950 davon FDGB 11, DBD 6, NDPD 6, DFD 6, FDJ 6, KB 5, VVN 3, VdgB 3, Konsumgenossenschaften 3

Überhang- und Ausgleichsmandate
1990: Überhang: 1 (CDU)
2014: Überhang: 1 (CDU); Ausgleich: 2 (Die Linke. 1, AfD 1)
2019: Überhang: 1 (CDU); Ausgleich: 1 (SPD)

Kabinette und Investiturabstimmungen
  Kabinett Kandidatur Parlamentarische Unterstützung Wahl- Sitzung Wahl- Mandate Stimmen bei der Abstimmung  
      Partei/en Mandate periode   gang insgesamt Abgegeben Dafür Dagegen Enthaltung Ungültig  
07.05.1945 Brill Hermann Ludwig Brill - - - - - - - - - - -  
16.07.1945 Paul I Rudolf Paul - - - - - - - - - - -  
26.06.1946 Paul II Rudolf Paul - 69 E 1 - 69 - - - - -  
04.12.1946 Paul III Rudolf Paul SED, LDPD, CDU 99 I-1 2 1 99 99 99 0 0 0  
01.09.1947 Moog Leonhard Moog LDPD, SED, CDU 99 I-1 25 - 99 - - - - -  
09.10.1947 Eggerath I Werner Eggerath SED, LDPD, CDU 99 I-1 25 1 99 95 94 0 1 0  
25.11.1950 Eggerath II Werner Eggerath SED, CDU, LDPD, NDPD, DBD 100 I-2 2 1 100 93 93 0 0 0  
03.10.1990 Duchac I Josef Duchac - - - - - - - - - - -  
08.11.1990 Duchac II Josef Duchac CDU, FDP 53 1 4 1 89 87 52 30 5 0  
05.02.1992 Vogel I Bernhard Vogel CDU, FDP 53 1 43 1 89 85 50 27 8 0  
30.11.1994 Vogel II Bernhard Vogel CDU, SPD 71 2 2 1 88 87 67 20 0 0  
01.10.1999 Vogel III Bernhard Vogel CDU 49 3 1 1 88 88 49 36 3 0  
05.06.2003 Althaus I Dieter Althaus CDU 49 3 86 1 88 83 47 34 2 0  
08.07.2004 Althaus II Dieter Althaus CDU 45 4 1 1 88 88 45 42 1 0  
30.10.2009 Althaus II Christine Lieberknecht CDU, SPD 48 5 2 1 88 87 44 39 3 1  
30.10.2009 Althaus II Christine Lieberknecht CDU, SPD 48 5 2 2 88 87 44 38 4 1  
30.10.2009 Lieberknecht Christine Lieberknecht CDU, SPD 48 5 2 3 88 87 55 27 5 0  
05.12.2014 Lieberknecht Bodo Ramelow Linke., SPD, B.90/Grüne 46 6 2 1 91 91 45 44 1 1  
05.12.2014 Ramelow I Bodo Ramelow Linke., SPD, B.90/Grüne 46 6 2 2 91 91 46 43 1 1  
05.02.2020 Ramelow I Bodo Ramelow Linke., SPD, B.90/Grüne 42 7 7 1 90 90 43 25 22 0  
05.02.2020 Ramelow I Bodo Ramelow Linke., SPD, B.90/Grüne 42 7 7 2 90 90 44 22 24 0  
05.02.2020 Kemmerich Thomas Kemmerich FDP, AfD, CDU 49 7 7 3 90 90 45 44 1 0  
04.03.2020 Kemmerich Bodo Ramelow Linke., SPD, B.90/Grüne 42 7 8 1 90 85 42 22 21 0  
04.03.2020 Kemmerich Bodo Ramelow Linke., SPD, B.90/Grüne 42 7 8 2 90 85 42 22 21 0  
04.03.2020 Ramelow II Bodo Ramelow Linke., SPD, B.90/Grüne 42 7 8 3 90 85 42 23 20 0  

Vgl. auch die Erläuterungen zu Kabinetten und Investiturabstimmungen.
1945/I-1946/I: Ernannt von der Sowjetischen Besatzungsmacht
1946/II, 1947/II-1950: Offene Wahl durch Handzeichen
1947/I: Geschäftsführend, nachdem der Ministerpräsident nach Berlin-West geflohen war
1990/I: Landesbevollmächtigter für Thüringen, eingesetzt durch den Ministerpräsidenten der DDR
2009/I-2009/II, 2020/I-2020/II, 2020/IV-2020/V: Keine Kandidatur erzielte die erforderliche Mehrheit der Mitglieder, sodass ein zweiter und sodann ein dritter Wahlgang erforderlich wurden.
2009/III, 2020/III, 2020/VI: Gewählt war, wer die meisten Stimmen erzielte.
2014/I: Keine Kandidatur erzielte die erforderliche Mehrheit der Mitglieder, sodass ein zweiter Wahlgang erforderlich wurde.

Dagegen - Stimmen entfielen auf Personen bzw. andere ergebnisrelevante Abstimmungsmöglichkeiten im Einzelnen wie folgt: 1990/II "Nein"; 1992 Abg. Gerd Schuchardt (SPD); 1994-2009/II "Nein"; 2009/III Abg. Bodo Ramelow (Die Linke.); 2014/I-2014/II "Nein"; 2020/I-2020/II Christoph Kindervater (Parteilos, nominiert von der AfD-Fraktion); 2020/III Abg. Bodo Ramelow (Die Linke.); 2020/IV-2020/V: Abg. Björn Höcke (AfD); 2020/VI "Nein"
Enthaltungen: 2020/I-2020/V ermöglichten die Stimmzetteln nur die Entscheidung für einen der beiden Kandidaten und Enthaltung, aber keine Stimmabgabe auf "Nein" zu allen Kandidaten; 2020/VI ermöglichten die Stimmzettel die Entscheidung "Ja" für den Kandidaten, auf "Nein" und Enthaltung.

Ergebnisse in Stimmen
  Die Linke. DL B.90/Grüne SPD Bürger FDP CDU DR AfD REP DVU NPD Sonstige Berechtigt Abgegeben Gültig Ungültig  
20.10.1946 818967 55191 - - - 472959 314742 - - - - - - 1986081 1737786 1661859 75927  
15.10.1950 1968025 - - - - - - - - - - - 17391 2027952 1990731 1985416 5315  
14.10.1990 136464 10865 100428 319376 - 130035 637055 49618 - 11712 - 3096 4705 2010395 1441170 1403354 37816  
16.10.1994 235556 - 64041 420236 15060 45651 605608 11014 - 18298 - - 6284 1952951 1461118 1421748 39370  
12.09.1999 247906 - 21617 214801 3574 13001 592474 13806 - 8766 36386 2751 6099 1965937 1176803 1161181 15622  
13.06.2004 263717 1842 45649 146297 26302 36483 434088 7799 - 19797 - 15695 12909 1958041 1053556 1010578 42978  
30.08.2009 288915 - 64912 195363 40811 80600 329302 4455 - 4488 - 45451 - 1910074 1073651 1054297 19354  
14.09.2014 265428 10866 53407 116889 15864 23359 315104 - 99545 1670 - 34049 5538 1812370 954927 941719 13208  
27.10.2019 343780 7713 57474 90987 - 55493 241049 5689 259382 - - 6044 40777 1729242 1121814 1108388 13426  

-DL: 2014 davon Piraten 9689, KPD[a] 1177; 2019 davon Piraten 4044, MLPD 2945, KPD[a] 724
-B.90/Grüne: 1990 davon Grüne/NF/DJ 90829, UFV 9599 -DR: 1990 davon DSU 45979, Liga 3639; 1994 davon Statt 4676, DSU 3223, ÖDP 3115; 1999 davon VIBT 9983, PBC 1918, DSU 1905; 2004 davon VIBT 3347, ÖDP 2317, BSU 2135; 2019 davon ÖDP/Familie 4833, Blaue 856
-Sonstige: 2004 davon Graue 8509, ODAD 4400; 2019 davon DPart 12524, APTierschutz 11936, Graue 5916, Gesundheitsforschung 5339, BGE 2700, Direkte 2362

Wahlsystem
Geltende Regelungen
In Thüringen besteht ein Mischwahlsystem aus Mehrheits- und Verhältniswahl. Die Wählenden haben je zwei Stimmen: Wahlkreisstimme und Listenstimme. Gesetzlich sind insgesamt 88 Mandate zuzuteilen. Das Wahlgebiet ist in 44 Wahlkreise aufgeteilt. Dort erzielt je ein Wahlkreismandat, wer die meisten Wahlkreisstimmen auf sich vereinigt. An der weiteren Mandatszuteilung können nur Parteien teilnehmen, die landesweit mindestens fünf Prozent der gültigen Listenstimmen erzielt haben (Landtagsparteien). Weitere mindestens 44 Mandate werden per Verhältniswahl mit Landeslisten (starre Listen) nach dem Hare-Niemeyer-Verfahren so vergeben, dass die gesamte Mandatszahl jeder Landtagspartei ihrem Listenstimmenanteil bezogen auf die anderen Landtagsparteien entspricht. Erzielt eine Landtagspartei mehr Wahlkreismandate, als ihr laut diesem Listenstimmenanteil zustehen (Überhangmandate), erhalten die übrigen Landtagsparteien entsprechend dem Listenstimmenverhältnis zusätzliche Mandate auf ihren Landeslisten (Ausgleichsmandate). Die gesetzliche Wahlperiode dauert fünf Jahre.
Abweichende frühere Regelungen
Bei der Wahl 1990 dauerte die gesetzliche Wahlperiode nur vier Jahre. Es konnten gemäß §7 V Gesetz über die Wahlen zu Landtagen in der Deutschen Demokratischen Republik vom 22.7.1990 zwar Überhangmandate anfallen. Es waren aber keine Ausgleichsmandate zuzuteilen. Dadurch war die CDU um ein Mandat überrepräsentiert. Auch galt gemäß §7 VI dieses Gesetzes eine Sperrklausel von mindestens fünf Prozent der gültigen Stimmen oder drei Direktmandaten. Sie galt nicht für Parteien ethnischer Minderheiten.
Bei der Wahl 1950 reichten alle gem. §26 II Gesetz über die Wahlen zur Volkskammer, zu den Landtagen, Kreistagen und Gemeindevertretungen in der Deutschen Demokratischen Republik am 15. Oktober 1950 vom 9.8.1950 zur Einreichung eines Wahlvorschlags berechtigten Vereinigungen einen gemeinsamen Wahlvorschlag gem. §27 dieses Gesetzes ein. Diese sog. Einheitsliste wurde von der „Nationalen Front des demokratischen Deutschland“ – einem Zusammenschluss aller zugelassenen Parteien und Massenorganisationen unter Führung der SED – festgelegt. Zuzuteilen waren genau 100 Mandate. Zur Mandatszuteilung enthielt das Gesetz nur die Bestimmung, dass die Wahl 2nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechts in einem Wahlakt" durchgeführt werde. Zur Dauer der Wahlperiode enthielt das Gesetz keine Regelung.
Bei der Wahl 1946 betrug die gesetzliche Mandatszahl gemäß Wahlordnung für die Landtags- und Kreistagswahlen in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands vom 11. September 1946 genau 100. Es galt starre Listenwahl mit einer Liste pro Partei für das gesamte Wahlgebiet. Die Mandatszuteilung erfolgte per d’Hondt-Verfahren im Verhältnis der gültigen Stimmen für die Parteien. Eine Sperrklausel bestand nicht. Zur Dauer der Wahlperiode enthielt das Wahlgesetz keine Regelung.
Wahlsystembedingte Abweichungen der Mandatsverteilung auf die Landtagsparteien vom Verhältnis ihrer Stimmenzahlen und von der gesetzlichen Mandatszahl
Abweichungen der Mandatsverteilung auf die Landtagsparteien vom Verhältnis ihrer Zweitstimmenzahlen können abgesehen von Rundungsdifferenzen nicht auftreten. Insgesamt sind 44 Direktmandate zuzuteilen, also 50 Prozent der 88 gesetzlich zuzuteilenden Mandate. Das ist ein im Vergleich mit anderen Bundesländern niedriger Anteil. Wenn eine Partei jedoch einerseits einen besonders hohen Anteil dieser Direktmandate erzielt – wie es in Thüringen seit 1990 bei der CDU der Fall ist – und andererseits deutlich weniger als 50 Prozent der Listenstimmen – wie es ebenfalls bei der CDU seit 2009 der Fall ist, dann kommt es zu Überhangmandaten. Zusätzlich bedeutet ein Listenstimmenanteil dieser Partei deutlich unter 50 Prozent, dass pro Überhangmandat dieser Partei rechnerisch mehr als ein Ausgleichsmandat erforderlich ist, damit letztlich das Listenstimmenverhältnis der Landtagsparteien in Mandaten gewahrt ist. Entfallen auf diese Partei z.B. 25-35 Prozent der Listenstimmen, dann sind pro auf sie entfallenes Überhangmandat drei bis vier Ausgleichsmandate hierfür erforderlich. Gäbe es nun zwei Parteien, auf die ungefähr ein solcher Listenstimmenanteil entfiele und von denen eine nahezu alle Direktmandate erzielte, dann würden rund 10-15 Überhangmandate anfallen. Es wären also rund 30-45 Ausgleichsmandate für einen vollständigen Verhältnisausgleich erforderlich. Historisch war die Anzahl der Überhangmandate bei geltender Ausgleichsmandatsregelung bislang immer wesentlich kleiner: 2014 und 2019 fiel je ein Überhangmandat bei der CDU und 2014 zwei (Linke. und AfD) bzw. 2019 ein Ausgleichsmandat (SPD) an.

Quellenverzeichnis
Parlamente und Parlamentswahlen
1946/I: Koch, Manfred 1990: Beratende Versammlungen; in: Broszat, Martin und Hermann Weber (Hrsg.): SBZ-Handbuch. München: Oldenburg. S.321ff.
1946/II (Stimmen): Gottwald, Herbert 1994: Der Thüringer Landtag 1946-1952 (Schriften zur Geschichte des Parlamentarismus in Thüringen, H.5). Jena: Thüringer Landtag in Verbindung mit Wartburg Verlag. S.101.
1950 (Stimmen): Schachtner, Richard 1956: Die deutschen Nachkriegswahlen: Wahlergebnisse in der Bundesrepublik Deutschland, in den deutschen Bundesländern, in West-Berlin, im Saarland und in der Sowjetzone (DDR) 1946-1956. München: Isar-Verlag. S.78.
1946/II, 1950 (Mandatsverteilung): Gottwald, Herbert 1994: Der Thüringer Landtag 1946-1952 (Schriften zur Geschichte des Parlamentarismus in Thüringen, H.5). Jena: Thüringer Landtag in Verbindung mit Wartburg Verlag. S.56, 81ff.
1990: Statistisches Bundesamt (Hrsg.) 1992: Wahlen 1990 in den neuen Bundesländern und Berlin-Ost. Stuttgart: Metzler-Poeschel. und
Auskunft des Büros des Landeswahlleiters Thüringen vom 14.12.2010.
1994: Thüringer Landesamt für Statistik (Bearb.) 1995: Landtagswahl in Thürigen am 16. Oktober 1994; in: Statistische Berichte B VII 2.
1999: Thüringer Landesamt für Statistik (Bearb.) 1999: Landtagswahl in Thüringen am 12. September 1999; in: Statistische Berichte B VII 2.
2004: Thüringer Landesamt für Statistik (Hrsg.) 2004: Landtagswahl 2004 in Thüringen: Endgültige Ergebnisse. Erfurt: Selbstverlag.
2009: Thüringer Landesamt für Statistik (Hrsg.) 2009: Landtagswahl in Thüringen am 30. August 2009: Endgültige Ergebnisse. Erfurt: Selbstverlag.
2014: Thüringer Landesamt für Statistik (Hrsg.) 2014: Landtagswahl in Thüringen am 14. September 2014: Endgültige Ergebnisse nach Wahl- und Landkreisen; Erfurt: Selbstverlag.
2019: Thüringer Landesamt für Statistik: Wahlpräsentation zu Landtagswahl 2019; unter: https://wahlen.thueringen.de/datenbank/wahl1/wahl.asp?wahlart=LW&wJahr=2019&zeigeErg=Land; eingesehen am 20.11.2019
Erläuterungen zur Verwendung von Maßzahlen bei der Darstellung von Parteiensystemen: Freitag, Markus und Adrian Vatter (Hrsg.) 2008: Die Demokratien der deutschen Bundesländer. Opladen und Farmington Hills: Barbara Budrich.
Kabinette und Investiturabstimmungen
1945/I: Welsh, Helga A. 1990: Thüringen; in: Broszat, Martin und Hermann Weber (Hrsg.): SBZ-Handbuch: Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen und ihre Führungskräfte in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands 1945-1949. München: R. Oldenbourg. S.167-189. S.183.
1945/II: Koch, Manfred 1990: Beratende Versammlungen; in: Broszat, Martin und Hermann Weber (Hrsg.): SBZ-Handbuch: Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen und ihre Führungskräfte in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands 1945-1949. München: R. Oldenbourg. S.321-328. S.328.
1946/I: Welsh, Helga A. 1990: Thüringen; in: Broszat, Martin und Hermann Weber (Hrsg.): SBZ-Handbuch: Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen und ihre Führungskräfte in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands 1945-1949. München: R. Oldenbourg. S.167-189. S.183.
1946/II: Thüringer Landtag - Sitzungsprotokoll: Wahlperiode I-1/Sitzung 2: S.6.
1947/I: Thüringer Landtag - Sitzungsprotokoll: Wahlperiode I-1/Sitzung 25: S.606.
1947/II: Thüringer Landtag - Sitzungsprotokoll: Wahlperiode I-1/Sitzung 25: S.607.
1950: Thüringer Landtag - Sitzungsprotokoll: Wahlperiode I-2/Sitzung 2: S.16.
1990/I: Beschluss des Ministerrats der DDR auf seiner 27. Sitzung am 29.8.1990; in: Amt des Ministerpräsidenten. Archiv-Signatur I/3-3054; unter https://www.bundesarchiv.de/digitalisate/DC20-I-3-20614/DC_20_I_3_3054/DC_20_I_3_3054_0133.png; zuletzt eingesehen am 30.4.2022. S...
1990/II: Thüringer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 1/Sitzung 4: S.57.
1992: Thüringer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 1/Sitzung 43: S.2847.
1994: Thüringer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 2/Sitzung 2: S.20.
1999: Thüringer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 3/Sitzung 1: S.19.
2003: Thüringer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 3/Sitzung 86: S.7502.
2004: Thüringer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 4/Sitzung 1: S.18.
2009/I: Thüringer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 5/Sitzung 2: S.22.
2009/II: Thüringer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 5/Sitzung 2: S.22.
2009/III: Thüringer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 5/Sitzung 2: S.23.
2014/I: Thüringer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 6/Sitzung 2: S.22.
2014/II: Thüringer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 6/Sitzung 2: S.23.
2020/I: Thüringer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 7/Sitzung 7: S.445.
2020/II: Thüringer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 7/Sitzung 7: S.446.
2020/III: Thüringer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 7/Sitzung 7: S.447.
2020/IV: Thüringer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 7/Sitzung 8: S.459.
2020/V: Thüringer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 7/Sitzung 8: S.460.
2020/VI: Thüringer Landtag - Plenarprotokoll: Wahlperiode 7/Sitzung 8: S.461.

Die Gestaltung der Tabellen und die Angaben zu allen Ergebnissen in Prozent und zur Mandatsverteilung gehen auf eigene Berechnungen nach den Angaben in o.a. Quellen zurück.

Zuletzt aktualisiert: 31.07.2023
Valentin Schröder
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