Das Wahlrecht zum Bundestag wurde seit 1949 mehrmals geändert. Die folgende Darstellung bezieht sich ausführlich auf die Regeln zur Mandatszuteilung, wie sie seit dem 25. Gesetz zur Änderung des
Bundeswahlgesetzes (BWG) vom 14.11.2020 gelten und danach auf das Sainte Laguë-Verfahren als sog. Höchstzahlverfahren sowie auf die Regelungen zur Bundestagswahl 2021. Die früheren Regelungen zur Mandatszuteilung seit 1949
werden am Ende dieser Darstellung kurz im Zeitverlauf zusammengefasst.
Die Angaben zum derzeitigen System der Mandatszuteilung berücksichtigen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 30.7.2024 in den Verfahren zur verfassungsrechtlichen Prüfung, ob Artikel 2 des Gesetzes zur Änderung des
Bundeswahlgesetzes und des Fünfundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 8. Juni 2023 (Bundesgesetzblatt I Nummer 147, berichtigt durch Nummer 198) mit Artikel 20 Absatz 1 und
Absatz 2, Artikel 21 Absatz 1 und Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig ist.
Derzeitiges System der Mandatszuteilung bei Bundestagswahlen
Laut Bundeswahlgesetz (BWG) werden bei Bundestagswahlen insgesamt 630 Mandate zugeteilt. Für diese Zuteilung gilt ein sog. Mischwahlsystem, d.h. Elemente der Verhältniswahl und Elemente der Mehrheitswahl werden miteinander
kombiniert. Die Wählenden haben dafür je zwei Stimmen: eine Erststimme für die Mehrheitswahl nach Kreiswahlvorschlägen und eine Zweitstimme für die Verhältniswahl nach Landeswahlvorschlägen.
Verhältniswahl nach Landeswahlvorschlägen mit Oberverteilung bundesweit und Unterverteilung nach Ländern
Jede Partei kann in pro Bundesland einen Landeswahlvorschlag aufstellen. Diese sog. „Landesliste“ ist eine Liste von wahlberechtigten Personen. Jede Partei legt selbst fest, in welcher Reihenfolge die Personen auf ihrer
jeweiligen Landesliste erscheinen. Die Mandate, die laut Wahlergebnis auf die Landesliste einer Partei entfallen, werden den einzelnen Personen auf dieser Liste entlang dieser Reihenfolge zugeteilt. Die Position in dieser
Reihenfolge wird Listenplatz genannt. Die erste Person in der Reihenfolge erhält den Listenplatz 1, die zweite Person in der Reihenfolge den Listenplatz 2, usw. Je näher der Listenplatz einer Person am Listenplatz 1 ist,
desto höher sind daher die Chancen der betreffenden Person, ein Mandat auf der Liste (im Folgenden: „Listenmandat“) zu erzielen. Die Wähler und Wählerinnen können nur eine ganze Landesliste wählen, aber nicht konkrete
Personen auf der Liste. Das wird „starre Listenwahl“ genannt.
Nach der Wahl werden für die Zuteilung der Listenmandate an jede Partei zuerst die Zweitstimmen summiert, die für alle ihre Landeswahlvorschläge insgesamt abgegeben wurden. Einer Partei können nur dann Listenmandate zugeteilt
werden, wenn für alle ihre Landeswahlvorschläge insgesamt entweder mindestens fünf Prozent der gültigen Zweitstimmen abgegeben wurden („Fünf-Prozent-Hürde“) oder deren Kandidierende insgesamt mindestens in drei Wahlkreisen die
Mehrheit der Erststimmen erzielt haben („Grundmandatsklausel“) oder wenn sie eine Partei einer nationalen Minderheit mit mindestens
so vielen Zweitstimmen ist, wie es rechnerisch einem Mandat entspricht. Die Parteien, die mindestens eine dieser Voraussetzungen erfüllen, werden hier „Bundestagsparteien“ genannt. Entsprechend gehören Personen, die auf einem
nicht von einer Partei aufgestellten Kreiswahlvorschlag über ein Direktmandat in den Bundestag einziehen (s.u.) oder deren Partei keine der beiden Voraussetzungen erfüllt, nicht zu einer „Bundestagspartei“ im Sinne der
folgenden Erläuterungen.
Die Grundmandatsklausel, die seit der Wahl zum 3. Bundestag 1957 bestand, war zunächst mit dem 25. Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 8.6.2023 abgeschafft worden. Gemäß Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom
30.7.2024 gilt sie jedoch fort.
Auf alle Landeswahlvorschläge jeder Bundestagspartei entfällt insgesamt ein Mandatsanspruch in Höhe so vieler Mandate, wie es dem Anteil der Zweitstimmen aller Landeswahlvorschläge dieser Partei an allen gültigen Zweitstimmen
bundesweit bezogen auf alle Zweitstimmen aller Landeswahlvorschläge aller Bundestagsparteien entspricht. Für die Ermittlung dieses Mandatsanspruchs wird das Sainte Laguë-Verfahren verwendet (s.u.). Dadurch entspricht die
Mandatsverteilung zwischen den Bundestagsparteien im Bundestag – die sog. „Oberverteilung“ – dem Verhältnis der Zweitstimmen zwischen den einzelnen Bundestagsparteien.
Jedem Landeswahlvorschlag jeder Bundestagspartei wird sodann von dem Mandatsanspruch dieser Partei gemäß Oberverteilung wiederum ein Mandatsanspruch im Verhältnis des Anteils der Zweitstimmen dieses Landeswahlvorschlags an den
Zweitstimmen aller Landeswahlvorschläge dieser Partei zugeordnet. Dadurch entspricht die Mandatsverteilung innerhalb einer Bundestagspartei über alle Bundesländer hinweg – die sog. „Unterverteilung“ – dem Verhältnis der
Zweitstimmen der einzelnen Landeswahlvorschläge dieser Partei zueinander.
Diese Verhältniswahlkomponente des Wahlsystems geht also vom bundesweiten Verhältnis der Zweitstimmen zwischen den Bundestagsparteien aus, rechnet dieses in eine Oberverteilung von Mandatsansprüchen zwischen diesen Parteien um
und leitet daraus die Mandatsansprüche auch innerhalb der Parteien auf Ebene der Länder als Unterverteilung ab. Maßgeblich für die Mandatsverteilung im Bundestag zwischen den Bundestagsparteien und innerhalb der
Bundestagsparteien ist daher das Wahlergebnis nach Zweitstimmen.
Mehrheitswahl nach Kreiswahlvorschlägen
Die Mehrheitswahlkomponente des Wahlsystems geht wiederum von der Ebene jedes einzelnen Wahlkreises aus und bezieht das dortige Verhältnis der Erststimmen auf die Ebene des jeweiligen Landes.
In jedem der insgesamt 299 Wahlkreise können dafür zunächst Kreiswahlvorschläge aufgestellt werden. Jeder Kreiswahlvorschlag enthält eine wahlberechtigte Person als Kandidat oder Kandidatin für ein Mandat, das im jeweiligen
Wahlkreis zugeteilt werden kann (im Folgenden: „Direktmandat“). Zum einen kann jede Partei pro Wahlkreis genau einen Kreiswahlvorschlag aufstellen. Zum anderen können einzelne Wahlberechtigte oder Gruppen von
Wahlberechtigten („Wählergruppen“) dort jeweils Kreiswahlvorschläge aufstellen. So können Personen, die nicht auf dem Kreiswahlvorschlag einer Partei benannt wurden, als sog. „Einzelbewerber“ für ein Direktmandat kandidieren.
Jede Person darf nur auf genau einem Kreiswahlvorschlag erscheinen.
Mandatszuteilung der Direktmandate und der Listenmandate an Personen
Nach der Wahl wird für jeden Wahlkreis ermittelt, auf welchen Kreiswahlvorschlag jeweils der höchste Erststimmenanteil entfallen ist (im Folgenden: Erststimmenmehrheit). Ist dies ein Einzelbewerber, dann wird dieser Person ein
Mandat als Direktmandat zugeteilt. Die von diesen Personen erzielten Direktmandate werden von der gesetzlich zuzuteilenden Mandatszahl von 630 abgezogen.
Wurde diese Person wiederum von einer Partei benannt, dann wird sie mit allen anderen Personen mit Erststimmenmehrheit auf Kreiswahlvorschlägen derselben Partei in demselben Bundesland entlang des jeweiligen Erststimmenanteils
zunächst in eine absteigende Reihenfolge gebracht.
Nun werden Oberverteilung und Unterverteilung nach dem oben beschriebenen Verfahren ermittelt. Damit werden Mandatsansprüche jeder Bundestagspartei auf Landesebene an den insgesamt 630 gesetzlich zuzuteilenden Mandaten
abzüglich der Einzelbewerbern zugeteilten Mandate festgestellt.
Nun erhalten für jede Bundestagspartei in jedem Land zunächst die Personen mit Erststimmenmehrheit auf Kreiswahlvorschlägen dieser Partei in diesem Land in Reihenfolge ihrer Erststimmenanteile je ein Direktmandat, bis der
Mandatsanspruch dieser Partei im Land aufgebraucht ist. Haben in einem Land mehr Personen auf Kreiswahlvorschlägen einer Partei eine Erststimmenmehrheit erzielt, als es dieser Unterverteilung und damit diesem Mandatsanspruch
entspricht, so erhalten diese Personen kein Direktmandat. Auf jede Bundestagspartei entfallen damit pro Land maximal so viele Direktmandate, wie es ihrem Mandatsanspruch laut Unterverteilung entspricht. Das ist die
sog. „Zweitstimmendeckung“ der Direktmandate.
Der Teil des Mandatsanspruchs jeder Bundestagspartei, der nicht als Direktmandat zugeteilt wird, wird abschließend den Personen auf den Landeslisten in Reihenfolge auf diesen Listen zugeteilt. Enthält eine Landesliste weniger
Personen, als demnach Mandate zugeteilt werden können, dann werden diese überzähligen Mandate überhaupt nicht zugeteilt (also auch keiner anderen Landesliste derselben Partei).
Für die Wahlkreise, in denen Personen auf Kreiswahlvorschlägen einer Bundestagspartei eine Erststimmenmehrheit erzielten, aber kein Direktmandat, werden damit keine Direktmandate zugeteilt. Bis 2021 wurde dies noch gesichert,
indem jede Person mit Erststimmenmehrheit auch ein Direktmandat erhielt. Direktmandate über die nunmehrige Zweitstimmendeckung hinaus blieben als sog. „Überhangmandate“ erhalten. Dies hatte Abweichungen zwischen den
Mandatszahlen der einzelnen Bundestagsparteien vom Zweitstimmenverhältnis zwischen den Bundestagsparteien zur Folge. Diese Abweichungen wurden bei den Wahlen 2013, 2017 und 2021 durch zusätzliche „Ausgleichsmandate“ bereinigt. Dafür wurde zuerst in einer ersten Ermittlung von Oberverteilung und Unterverteilung die Zahl der demnach anfallenden Überhangmandate ermittelt. Auf dieser Grundlage wurde danach eine weitere, endgültige Oberverteilung mit einer Mandatszahl berechnet, die entsprechend höher lag, als die gesetzliche Mandatszahl von damals 598. Auf Grundlage dieser endgültigen Oberverteilung wurde sodann eine endgültige Unterverteilung pro Bundestagspartei ermittelt. Diese Ermittlung rechnete alle Direktmandate einer Bundestagspartei gegen ihre Mandatsansprüche in allen Ländern auf. Dadurch wichen die letztlichen Mandatsansprüche einer Bundestagspartei im Verhältnis in einzelnen Ländern vom dortigen Anteil an allen Zweitstimmen der Partei nach unten ab, wenn sie in anderen Ländern mehr Direktmandate erzielt hatte, als es dem dortigen Anteil an allen Zweitstimmen dieser Partei entsprach. Bei dieser endgültigen Unterverteilung war deshalb nicht gesichert, dass alle Mandate jeder Bundestagspartei gemäß Anteilen der Zweitstimmen ihrer einzelnen Landeswahlvorschläge auf die Länder verteilt waren. Dies ist nach dem geltenden BWG wieder gesichert.
Sainte Laguë-Verfahren
Für die Umrechnung von
Stimmenzahlen in Mandatszahlen wird das Sainte Laguë-Verfahren
angewendet. Mit diesem Verfahren werden Einheiten, z.B. Landeslisten einer
Bundestagspartei bei der Unterverteilung, entlang bestimmter mit diesen
Einheiten verbundener Zahlen, z.B. den auf die jeweiligen Landeslisten
entfallenen Stimmenzahlen, jeweils so viele Mandate zugeteilt, wie es dem
Größenverhältnis dieser Zahlen zueinander entspricht. Diese Einheiten und
Zahlen müssen keine Landeslisten und Stimmenzahlen sein. Dies können z.B. auch
Bundesländer und ihre jeweiligen Bevölkerungszahlen oder Parlamentsfraktionen
und ihre Mandatszahlen sein.
Für die Zuteilung nach
dem Sainte Laguë-Verfahren werden die Zahlen als
Dividenden nacheinander durch Divisoren geteilt. Diese Divisoren sind die
ungeraden ganzen Zahlen beginnend mit 1; also 1, 3, 5 usw. Die Quotienten aus
den Dividenden und Divisoren werden „Höchstzahlen“ genannt. Sie sind umso
kleiner, je größer der Divisor ist, durch den der Dividend geteilt wird. Z.B.
ergeben sich für den Dividenden (also die Zahl) 42 für die ersten vier
Divisoren des Sainte Laguë-Verfahrens (1, 3, 5 und 7)
die vier Höchstzahlen 42,0, 12,0, 8,4 und 6,0. Im Allgemeinen wird für die Bestimmung
einer beliebigen „N-ten“ Höchstzahl der Divisor DN mit der Formel
(1) DN = 2 * (N - 1) + 1
berechnet. Es müssen
für jede Einheit maximal so viele Höchstzahlen berechnet werden, wie insgesamt
Mandate zuzuteilen sind. Für jede errechnete Höchstzahl wird vermerkt, auf die
Zahl welcher Einheit sie sich bezieht – welcher Einheit sie „zugehörig“ ist. So
wird bei der Unterverteilung die Stimmenzahl jeder Landesliste einer
Bundestagspartei so oft dividiert, wie der Bundestagspartei laut Oberverteilung
insgesamt Mandate zuzuteilen sind. Sind ihr demnach insgesamt z.B. 13 Mandate
zuzuteilen, wird die Stimmenzahl jeder ihrer Landeslisten durch 1, 3, 5, 7, 9,
11, 13, 15, 17, 19, 21, 23 und 25 geteilt, sodass für jede Landesliste 13
Höchstzahlen errechnet und erst einmal als der jeweiligen Landesliste zugehörig
vermerkt werden.
Anschließend werden
alle diese errechneten Höchstzahlen nacheinander von der größten bis zur
kleinsten Höchstzahl sortiert. Bei der Unterverteilung für eine
Bundestagspartei mit drei Landeslisten und 13 zuzuteilenden Mandaten müssen also
maximal 39 Höchstzahlen errechnet, jede von ihnen als der jeweiligen
Landesliste zugehörig vermerkt und dann alle Höchstzahlen der Größe nach
absteigend bis zur kleinsten Höchstzahl sortiert werden.
Angefangen mit der größten
Höchstzahl wird dann entlang dieser Sortierung jeder nächstkleineren Höchstzahl
je ein Mandat zugeordnet, solange noch nicht alle zuzuteilenden Mandate einer
Höchstzahl zugeordnet sind. In dem Beispiel wird also nacheinander jeder der 13
größten Höchstzahlen je ein Mandat zugeordnet. Allen kleineren Höchstzahlen ab
der 14.-größten Höchstzahl wird wiederum kein Mandat zugeordnet. Wenn etwa auf
die Landesliste A 99 Stimmen
entfielen (mit den ihr zugehörigen sechs größten Höchstzahlen 99, 33, 19,8,
14,2, 11 und 9), auf Landesliste B 72
Stimmen (72, 24, 14,4, 10,3, 8 und 6,5) und auf Landesliste C 33 Stimmen
(33, 11, 6,6, 4,7, 3,7 und 3), dann lauten die 13 größten Höchstzahlen, in der
Reihenfolge ihrer Größe nach: 99, 72, 33-33,
24, 19,8, 14,4, 14,2, 11-11, 10,3, 9, 8.
Jeder davon wird ein Mandat zugeteilt. Die letzte und damit kleinste
Höchstzahl, der noch ein Mandat zugeordnet ist, wird hier als „Kleinste Höchstzahl“
bezeichnet (obwohl sich durch höhere Divisoren immer noch kleinere Höchstzahlen
berechnen lassen). Die übrigen, kleineren Höchstzahlen bleiben ohne Mandate. Auf
die nächstkleinere Höchstzahl verglichen mit der Kleinsten Höchstzahl, in dem Beispiel
(6,6), und alle noch kleineren Höchstzahlen entfällt also kein Mandat
mehr.
Die einer Höchstzahl zugeordneten
Mandate werden schließlich für die Einheiten, denen die einzelnen Höchstzahlen
jeweils zugehörig sind, aufsummiert und den betreffenden Einheiten jeweils in
der Summe zugeteilt, sodass in dem Beispiel auf A sechs, auf B fünf und auf C
zwei Mandate entfallen. Folglich lauten die Mandatszahlen für A: 6, für B: 5
und für C: 2.
Das Beispiel zeigt
auch, dass mehreren Parteien identische Höchstzahlen zugeordnet sein können.
Das geschieht, wenn die Zahl einer Einheit ein Vielfaches der Zahl einer
anderen Einheit mit einem der Divisoren ist. Wenn das geschieht und wenn es für
die Mandatszuteilung relevant ist, entscheidet bei Bundestagwahlen das Los.
Dass das geschieht ist bei Bundestagswahlen aber sehr unwahrscheinlich, weil
die Dividenden in der Regel mindestens fünfstellige Zahlen sind.
In der Prozedur der
Mandatszuteilung bei Bundestagswahlen kommt das Sainte Laguë-Verfahren
in der eben beschriebenen Form an mehreren Stellen und bezogen auf mehrere unterschiedliche Einheiten und Zahlen zum
Einsatz, und zwar bezogen auf Bundesländer und ihre Bevölkerungszahlen im
Verhältnis zueinander, einzelne Landeslisten der Bundestagsparteien innerhalb
der Bundesländer im Verhältnis zueinander und Landeslisten jeder einzelnen
Bundestagspartei und deren Verhältnis untereinander.
Bei Bundestagswahlen
ist die allen Parteien insgesamt zuzuteilende Mandatszahl aufgrund von
Überhangmandaten regelmäßig unbekannt. Das Sainte Laguë-Verfahren
kann dann unter zwei Voraussetzungen ebenfalls eingesetzt werden. Diese
Voraussetzungen sind 1), dass das letzte zuzuteilende Mandat einer der Einheit
A zugehörigen Höchstzahl zugeordnet ist und, 2) dass die
dieser Einheit A insgesamt zuzuteilende Mandatszahl K bekannt ist. Unter der
Voraussetzung 1) ist der Einheit A auch die Kleinste Höchstzahl zugehörig.
Folglich muss jeder größeren einer jeden Einheit zugehörigen Höchstzahl ebenfalls
ein Mandat zugeordnet sein. Die Summen dieser Mandate sind dann den jeweiligen
Einheiten zuzuteilen. Die Summe dieser Summen wiederum ist schließlich die
insgesamt zuzuteilende Mandatszahl. Das Sainte Laguë-Verfahren
lässt sich dann folglich in umgekehrter Abfolge durchführen, „invertiert“:
ausgehend von dem Mandat, das bei dem oben beschriebenen Verfahren als Letztes
zugeteilt wird.
Dieses letzte Mandat ist
der Kleinsten Höchstzahl HA der Einheit A zugeordnet (laut
Voraussetzung 1). Diese Höchstzahl wiederum muss der Quotient aus der Zahl ZA
der Einheit A (z.B. der Stimmenzahl einer Partei) und dem Divisor DK
sein. Es ist hierzu bekannt (laut Voraussetzung 2), dass der Einheit A insgesamt
K Mandate zuzuteilen sind. Mit Blick auf die Formel (1) zur Berechnung der
Divisoren für eine Einheit – DN=2*(N-1)+1 –
ist dadurch klar, welchen Wert die „beliebige“ Höchstzahl N hier hat, denn
dieser Wert muss identisch sein mit der Summe der dieser Einheit insgesamt zuzuteilenden
Mandate. Also gilt hier N=K, wobei K eben bekannt ist. Folglich kann der Divisor
DK zur Ermittlung der Höchstzahl HA durch Einsetzen von K
in N in diese Formel und dann Vereinfachen der Formel berechnet werden, also:
(2) DK = 2 * (K-1) + 1 = 2K – 1
Mit diesem Divisor DK
wird dann die Kleinste Höchstzahl HA als Quotient aus der bekannten Stimmenzahl
ZA als Dividend und dem in (2) ermittelten DK als Divisor
berechnet. Es lässt sich also schreiben:
(3) HA = ZA/DK
= ZA/(2K-1).
Allen im Vergleich zu HA
größeren Höchstzahlen einer beliebigen anderen Einheit B ist ebenfalls je ein
Mandat zuzuordnen, denn HA ist ja die Kleinste Höchstzahl. Diese größeren
Höchstzahlen sind zunächst unbekannt. Aber es muss für die kleinste Höchstzahl HB
dieser größeren Höchstzahlen naturgemäß gelten:
(4) HB > HA.
HB ist der
Quotient aus der mit der Einheit B verbundenen Zahl ZB mit einem
Divisor DM. Auch für HB gilt also der Zusammenhang aus
Gleichung (2):
(5) HB = ZB/DM.
ZB ist als
Stimmenzahl stets bekannt. Zudem liegt nun ein Gleichungssystem mit weniger
Unbekannten als Gleichungen vor, also eines, das eindeutig lösbar ist. Wenn demnach
der Divisor DM ermittelt ist, kann durch Umstellen der Formel (1)
zur Divisorermittlung berechnet werden, wie viele
Mandate insgesamt der Einheit B zuzuteilen sind, denn der dortige Wert von N
entspricht dann genau der Anzahl M aller der Einheit B laut Divisor DM
zugehörigen Höchstzahlen, denen je ein Mandat zuzuteilen ist. Ausgehend von
dieser Überlegung geht es nun nur noch um das Einsetzen und Umstellen, sodass
eine Gleichung resultiert, mit der M durch bekannte Werte ermittelt werden
kann. Einziger sonst unbekannter Wert ist der Wert von DM. Er muss
also zuerst aus den übrigen, bekannten Werten heraus erklärt werden. Einsetzen
für HA aus Gleichung (3) in die Ungleichung (4) ergibt zunächst:
(6) HB > ZA/(2K-1).
Einsetzen für HB gemäß Gleichung (5) in Ungleichung (6) ergibt:
(7) ZB/DM > ZA/(2K-1).
Für den Divisor DB muss nach einigem Umstellen also gelten:
(8) DM < (2K-1) * ZB/ZA.
Da Divisoren im Sainte Laguë-Verfahren immer ungerade ganze Zahlen sind, muss das
Ergebnis aus Ungleichung (8) auf die nächste ungerade natürliche Zahl gerundet
werden, und zwar laut Ungleichheitszeichen durch Abrunden. Daraus resultiert
der Wert von DM.
(9) DM = floor[(2K-1)* ZB/ZA], sodass DM= 2*m - 1, mit m ∈ ℕ.
Nachdem DM vollständig durch bekannte Werte erklärt
ist, wird nun noch M durch bekannte Werte ausgedrückt. Dafür wird nun zuerst die Gleichung (1)
für den Divisor DM der Zahl ZB
der Einheit B formuliert:
(10) DM = 2 * (M-1) + 1 = 2M – 1,
der Befund für DM aus Gleichung (9) in
Gleichung (10) eingesetzt:
(11) 2M – 1 = floor<[(2K-1) * ZB/ZA], wobei gilt: floor[(2K-1) * ZB/ZA] = 2*m -1, mit m ∈ ℕ
und schließlich nach M umgestellt:
(12) M = {floor[(2K-1) * ZB/ZA] + 1}/2, wobei gilt: floor[(2K-1)*ZB/ZA]
= 2*m – 1, mit m ∈ ℕ.
Da auf der rechten
Seite von Gleichung (12) im Term floor[(2K-1)*ZB/ZA)]
stets eine ungerade natürliche Zahl gebildet wird – vgl. Gleichung (9) – und
davon der Wert 1 abgezogen wird, erscheint auf der
rechten Seite über dem Bruchstrich immer eine gerade natürliche Zahl. Daher
ergibt Teilen durch den Wert 2 – unter dem Bruchstrich – auf der rechten Seite immer
eine natürliche Zahl. Diese Zahl ist die Anzahl der Mandate, die der Einheit B
insgesamt zuzuteilen ist.
Gleichung (12) bringt
das Invertierte Sainte Laguë-Verfahren zum Ausdruck.
Es muss für jede Einheit durchgeführt werden, der Mandate zugeteilt werden
könnten. Da dieses Verfahren sich auf die Zahl ZA und den Divisor DK
der Einheit A beziehen – also an ihr „verankert“ sind, wird die Einheit A hier
„Ankereinheit“ oder „Ankerpartei“ genannt. Ein Anwendungsbeispiel für das
Invertierte Sainte Laguë-Verfahren wird hier bei der
Darstellung zur Oberverteilung gegeben.
System der Mandatszuteilung bei der Bundestagswahl 2021
Zunächst werden hier die teils auch aktuell noch geltenden (s.o.) Regelungen zur Kandidatur und zu den Mandatshürden
sowie bestimmte Begriffe dargestellt. Danach werden die Regelungen zur Mandatszuteilungen entlang von Beispielen erklärt.
Mischwahlsystem mit Verrechnung von Direktmandaten auf Listenmandate, Ober- und Unterverteilung, Mandatshürden
Mit der Erststimme
werden einzelne Kandidaten in jedem der 299 Wahlkreise gewählt. Der Kandidat oder die
Kandidatin mit den meisten Stimmen im Wahlkreis erhält das Bundestagsmandat für
diesen Wahlkreis als sog. Direktmandat. Jede Partei kann einen Kandidaten oder
eine Kandidatin pro Wahlkreis vorschlagen. Außerdem können Personen, die nicht
von einer Partei vorgeschlagen wurden („Einzelbewerber“/„Einzelbewerberin“)
für ein Direktmandat kandidieren. Diese Direktwahl einzelner Personen durch die
Wählerinnen und Wähler ist die Mehrheitswahl-Komponente im deutschen
Mischwahlsystem. Mehr gibt es zur Erststimme hier nicht zu sagen. Der
Einfachheit halber sind deshalb im Folgenden mit dem Wort „Stimmen“ immer die
Zweitstimmen gemeint.
Mit der Zweitstimme
werden sog. Landeslisten der Parteien in jedem der 16 Bundesländer gewählt. Landeslisten
sind Listen, auf denen die Parteien mehrere Personen präsentieren (und nicht
nur eine, wie in der Mehrheitswahl-Komponente). Jede Partei legt selbst fest, in
welcher Rangfolge die Personen auf ihrer Liste erscheinen. Die Position in
dieser Rangfolge wird Listenplatz genannt. Die Person auf dem ersten Rang
erhält den Listenplatz 1, die Person auf dem zweiten Rang den Listenplatz 2,
usw. bis zum letzten Rang. Je näher der Listenplatz einer Person am Listenplatz
1 ist (je „besser“ ihr Listenplatz), desto höher sind die Chance der
betreffenden Person, ein Mandat auf der Liste („Listenmandat“) zu erzielen.
Denn die Mandate, die auf die Landesliste einer Partei entfallen, werden den
einzelnen Personen auf dieser Liste entlang dieser Rangfolge zugeteilt. Die
Wähler und Wählerinnen können nur eine ganze Landesliste wählen, aber nicht
einzelne Personen auf der Liste. Das wird „starre Listenwahl“ genannt.
Nach der Wahl werden
für jede Partei die Zweitstimmen summiert, die für alle ihre Landeslisten insgesamt
abgegeben wurden. Einer Partei können nun Listenmandate zugeteilt werden, wenn
für sie insgesamt entweder mindestens fünf Prozent der gültigen Zweitstimmen abgegeben
wurden oder wenn ihre Kandidaten und Kandidatinnen insgesamt mindestens drei
Direktmandate erzielt haben oder wenn sie eine Partei einer nationalen Minderheit
mit mindestens so vielen Zweitstimmen ist, wie es rechnerisch einem Mandat
entspricht. Erstere Voraussetzung wird „Fünf-Prozent-Hürde“ und zweite
Voraussetzung wird „Grundmandatsklausel“ genannt. Die Parteien, die mindestens
eine dieser drei Voraussetzungen erfüllen, werden hier „Bundestagsparteien“
genannt. Entsprechend gehören Abgeordnete, die über ein Direktmandat in den
Bundestag einziehen, die aber parteilos sind oder deren Partei keine dieser
Voraussetzungen erfüllt, nicht zu einer „Bundestagspartei“ im Sinne der
folgenden Erläuterungen. Trotzdem können solche
Abgeordnete natürlich Parteimitglied sein. Zum Beispiel erzielten bei der Wahl
2002 zwei Kandidatinnen der damaligen PDS Direktmandate in zwei Berliner
Wahlkreisen. Da die PDS jedoch an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte und auch
die Grundmandatsklausel um ein Direktmandat verfehlte, nahm die PDS nicht an
der Zuteilung der Mandate teil und war entsprechend keine Bundestagspartei im
Sinne der Darstellungen hier.
Jede Bundestagspartei
erhält nun zusätzlich zu etwaigen Direktmandaten so viele Listenmandate, dass
ihr Mandatsanteil ihrem Anteil an den Zweitstimmen aller Bundestagsparteien
entspricht. Seit dem 25. Gesetz zur Änderung des BWG bleiben dabei bis zu drei
Direktmandate über diesen Mandatsanteil hinaus unberücksichtigt. Das ist die
sog. Oberverteilung. Mit ihr kommt die Verhältniswahl-Komponente des
Wahlsystems zum Ausdruck. Laut BWG soll der Bundestag einschließlich der
Listenmandate 598 Mandate umfassen. Das ist die gesetzliche Mandatszahl. Diese
Mandatszahl wird im Zuge der unten beschriebenen Prozedur der Zuteilung der
Listenmandate jedoch oftmals übertroffen.
Maßgeblich für die
Mandatsverteilung im Bundestag ist daher das Wahlergebnis nach Zweitstimmen. Im
Folgenden werden der besseren Lesbarkeit halber die
Zweitstimmen regelmäßig als „Stimmen“ bezeichnet und nur die Erststimmen
explizit als „Erststimmen“. Außerdem werden zur Unterscheidung von einzelnen
Stimmen bzw. Erststimmen und Summen von Stimmen (z.B. die Summe aller
Zweitstimmen für die Liste einer Partei in einem Bundesland) bzw. Summen von
Erststimmen (z.B. die Summe aller Erststimmen für eine Kandidatin) im Folgenden
erstere als „Stimmen“ bzw. „Erststimmen“ und letztere als „Stimmenzahlen“ bzw.
„Erststimmenzahlen“ bezeichnet. Außerdem werden zur Unterscheidung von einzelne Mandaten und Summen von Mandaten erstere als
„Mandate“ und letztere als „Mandatszahlen“ bezeichnet.
Nach der Oberverteilung
werden die Listenmandate jeder Bundestagspartei ihren Landeslisten zugeteilt.
Dafür werden für jede Bundestagspartei in jedem Bundesland zunächst so viele Mandate
vermerkt, wie es dem Anteil der Stimmen für die Landesliste dieser Partei im
Land an allen Stimmen dieser Partei bundesweit entspricht. Von den jeder Partei
so vermerkten Mandaten werden die Direktmandate abgezogen, welche die
Kandidaten und Kandidatinnen dieser Partei im jeweiligen Bundesland erzielt
haben. Die übrigen Mandate werden als Listenmandate entsprechend dem
Listenplatz auf der Landesliste dieser Partei vergeben. Das ist die sog.
Unterverteilung.
In der
Verhältniswahl-Komponente werden an mehreren Stellen Stimmenzahlen in Mandatszahlen
umgerechnet. Der Bezug dafür ist immer der Anteil der betreffenden Stimmenzahl
an einer Summe aus dieser Stimmenzahl und weiteren Stimmenzahlen. Bei der
Oberverteilung ist das der Anteil der bundesweiten Stimmenzahl einer jeden Bundestagspartei
an der Summe der Stimmenzahlen aller Bundestagsparteien. Eine insgesamt zu
vergebende Mandatszahl muss in der Oberverteilung dann so verteilt werden, wie
es dem Anteil jeder Stimmenzahl an der Summe der Stimmenzahlen entspricht. Bei
der Unterverteilung müssen für eine Bundestagspartei von der ihr laut
Oberverteilung zustehenden Mandatszahl für jedes Bundesland so viele Mandate
vermerkt werden, wie es dem Anteil der Stimmenzahl für die Landesliste dieser
Partei in dem jeweiligen Bundesland an der Summe der Stimmenzahlen aller
Landeslisten der Partei entspricht.
Prozedur der Zuteilung der Listenmandate
Die Zuteilung der
Listenmandate entlang der Zweitstimmenzahlen erfolgt in zwei Stufen. Diese
beiden Stufen bestehen wiederum jeweils
aus mehreren Schritten. Abgesehen vom
letzten Schritt werden dabei stets nur „Ansprüche“ auf Listenmandate ermittelt.
Es werden aber noch keine Listenmandate einzelnen Landeslisten zugeteilt. Denn
diese Ansprüche können für die einzelnen Landeslisten von Schritt zu Schritt
steigen oder fallen. Erst im letzten Schritt der letzten Stufe werden
Listenmandate an die Landeslisten der Parteien in den Bundesländern zugeteilt. Im Folgenden werden diese Schritte nacheinander dargestellt.
Erste Stufe: Mandatskontingente der Länder und
Sitzkontingente der Parteien als Grundlage der Mandatsansprüche
Bevor die
Mandatsansprüche der Bundestagsparteien festgestellt werden, erfolgt in der
sog. Ersten Stufe der Mandatsverteilung eine Verteilung von Mandatskontingenten
auf die Bundesländer und die Umwandlung dieser Mandatskontingente in sog.
Sitzkontingente der Bundestagsparteien. Diese Sitzkontingente sind eine Grundlage
für die letztendliche Mandatszuteilung in der nachfolgenden Zweiten Stufe.
Die gesamte Erste Stufe
ist rein logisch für eine Mandatszuteilung nicht erforderlich. Ihre Existenz
ist historisch begründet. Durch die Sitzkontingente kann sie sich je nach Wahlergebnis
aber auf die letztendliche Mandatszuteilung auswirken.
Erste Stufe, erster Schritt: Ermittlung der Mandatskontingente der Länder
In der Ersten Stufe werden im ersten Schritt noch vor der Wahl den 16
Bundesländern sog. Mandatskontingente in Höhe von insgesamt 598 Mandaten
zugeordnet. Das Kriterium für Größe des Mandatskontingents jedes Bundeslands
ist dessen Anteil der deutschen Bevölkerung. Wie überall sonst bei der Umrechnung
von Anteilen in Anzahlen im Bundestagswahlrecht wird dafür das Sainte Laguë-Verfahren eingesetzt. Dieser erste Schritt der Ersten
Stufe wird vom Bundeswahlleiter „1. Oberverteilung“ genannt. Diese Bezeichnung
wird hier nicht verwendet. Der Begriff „Oberverteilung“ wird hier zwecks
Klarheit gegenüber früheren Regelungen zur Mandatszuteilung ausschließlich für
die Verteilung von endgültigen Mandatsansprüche auf die Bundestagsparteien
(erster Schritt der Zweiten Stufe, s.u.) verwendet.
Daraus ergaben sich für
die Bundestagswahl 2013 die Mandatskontingente, wie sie in Tabelle 1
dargestellt sind. Entlang der Erläuterungen zum Sainte Laguë-Verfahren
oben war die 598-höchste Höchstzahl als Kleinste Höchstzahl (HA),
der noch ein Mandat zugeordnet wurde, die Zahl 62039,7. Das war die 92te dem
Bundesland Bayern als zugehörig vermerkte Höchstzahl. Folglich umfasste das
Mandatskontingent für Bayern in der ersten Stufe 92 Mandate. Entsprechend war
z.B. die 597-höchste Höchstzahl die Zahl 62252,3 – die 30-höchste dem
Bundesland Rheinland-Pfalz als zugehörig vermerkte Höchstzahl. Entsprechend
wurden dem Mandatskontingent für Rheinland-Pfalz 30 Mandate zugeteilt, usw.
Alle weiteren nun dargestellten Schritte erfolgen,
wenn das Wahlergebnis feststeht.
Tabelle 1: Mandatskontingente der Länder nach dem
ersten Schritt der Ersten Verteilungsstufe bei der Bundestagswahl 2013
|
Bundesland |
|
BB |
BE |
BW |
BY |
HB |
HE |
HH |
MV |
NI |
NW |
RP |
SH |
SL |
SN |
ST |
TH |
|
Rang/ |
|
|
Bevölkerung |
|
2418267 |
3025288 |
9482902 |
11353264 |
575805 |
5388350 |
1559655 |
1585032 |
7354892 |
15895182 |
3672888 |
2686085 |
919402 |
4005278 |
2247673 |
2154202 |
|
Mandate |
|
|
|
|
|
Höchstzahlen |
|
|
|
|
Divisoren |
1 |
|
2418267,0 |
3025288,0 |
9482902,0 |
11353264,0 |
575805,0 |
5388350,0 |
1559655,0 |
1585032,0 |
7354892,0 |
15895182,0 |
3672888,0 |
2686085,0 |
919402,0 |
4005278,0 |
2247673,0 |
2154202,0 |
|
1 |
|
|
3 |
|
806089,0 |
1008429,3 |
3160967,3 |
3784421,3 |
191935,0 |
1796116,7 |
519885,0 |
528344,0 |
2451630,7 |
5298394,0 |
1224296,0 |
895361,7 |
306467,3 |
1335092,7 |
749224,3 |
718067,3 |
|
2 |
|
|
5 |
|
483653,4 |
605057,6 |
1896580,4 |
2270652,8 |
115161,0 |
1077670,0 |
311931,0 |
317006,4 |
1470978,4 |
3179036,4 |
734577,6 |
537217,0 |
183880,4 |
801055,6 |
449534,6 |
430840,4 |
|
3 |
|
|
7 |
|
345466,7 |
432184,0 |
1354700,3 |
1621894,9 |
82257,9 |
769764,3 |
222807,9 |
226433,1 |
1050698,9 |
2270740,3 |
524698,3 |
383726,4 |
131343,1 |
572182,6 |
321096,1 |
307743,1 |
|
4 |
|
|
9 |
|
268696,3 |
336143,1 |
1053655,8 |
1261473,8 |
63978,3 |
598705,6 |
173295,0 |
176114,7 |
817210,2 |
1766131,3 |
408098,7 |
298453,9 |
102155,8 |
445030,9 |
249741,4 |
239355,8 |
|
5 |
|
|
11 |
|
219842,5 |
275026,2 |
862082,0 |
1032114,9 |
52345,9 |
489850,0 |
141786,8 |
144093,8 |
668626,5 |
1445016,5 |
333898,9 |
244189,5 |
83582,0 |
364116,2 |
204333,9 |
195836,5 |
|
6 |
|
|
13 |
|
186020,5 |
232714,5 |
729454,0 |
873328,0 |
44292,7 |
414488,5 |
119973,5 |
121925,5 |
565760,9 |
1222706,3 |
282529,8 |
206621,9 |
70723,2 |
308098,3 |
172897,9 |
165707,8 |
|
7 |
|
|
15 |
|
161217,8 |
201685,9 |
632193,5 |
756884,3 |
38387,0 |
359223,3 |
103977,0 |
105668,8 |
490326,1 |
1059678,8 |
244859,2 |
179072,3 |
61293,5 |
267018,5 |
149844,9 |
143613,5 |
|
8 |
|
|
… |
|
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
|
… |
|
|
25 |
|
96730,7 |
121011,5 |
379316,1 |
454130,6 |
23032,2 |
215534,0 |
62386,2 |
63401,3 |
294195,7 |
635807,3 |
146915,5 |
107443,4 |
36776,1 |
160211,1 |
89906,9 |
86168,1 |
|
13 |
|
|
27 |
|
89565,4 |
112047,7 |
351218,6 |
420491,3 |
21326,1 |
199568,5 |
57765,0 |
58704,9 |
272403,4 |
588710,4 |
136032,9 |
99484,6 |
34051,9 |
148343,6 |
83247,1 |
79785,3 |
|
14 |
|
|
… |
|
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
|
… |
|
|
33 |
|
73280,8 |
91675,4 |
287360,7 |
344038,3 |
17448,6 |
163283,3 |
47262,3 |
48031,3 |
222875,5 |
481672,2 |
111299,6 |
81396,5 |
27860,7 |
121372,1 |
68111,3 |
65278,8 |
|
17 |
|
|
35 |
|
69093,3 |
86436,8 |
270940,1 |
324379,0 |
16451,6 |
153952,9 |
44561,6 |
45286,6 |
210139,8 |
454148,1 |
104939,7 |
76745,3 |
26268,6 |
114436,5 |
64219,2 |
61548,6 |
|
18 |
|
|
37 |
|
65358,6 |
81764,5 |
256294,6 |
306845,0 |
15562,3 |
145631,1 |
42152,8 |
42838,7 |
198780,9 |
429599,5 |
99267,2 |
72596,9 |
24848,7 |
108250,8 |
60747,9 |
58221,7 |
|
19 |
|
|
39 |
|
62006,8 |
77571,5 |
243151,3 |
291109,3 |
14764,2 |
138162,8 |
39991,2 |
40641,8 |
188587,0 |
407568,8 |
94176,6 |
68874,0 |
23574,4 |
102699,4 |
57632,6 |
55235,9 |
|
20 |
|
|
41 |
|
58982,1 |
73787,5 |
231290,3 |
276908,9 |
14044,0 |
131423,2 |
38040,4 |
38659,3 |
179387,6 |
387687,4 |
89582,6 |
65514,3 |
22424,4 |
97689,7 |
54821,3 |
52541,5 |
|
21 |
|
|
43 |
|
56238,8 |
70355,5 |
220532,6 |
264029,4 |
13390,8 |
125310,5 |
36271,0 |
36861,2 |
171044,0 |
369655,4 |
85416,0 |
62467,1 |
21381,4 |
93146,0 |
52271,5 |
50097,7 |
|
22 |
|
|
45 |
|
53739,3 |
67228,6 |
210731,2 |
252294,8 |
12795,7 |
119741,1 |
34659,0 |
35222,9 |
163442,0 |
353226,3 |
81619,7 |
59690,8 |
20431,2 |
89006,2 |
49948,3 |
47871,2 |
|
23 |
|
|
47 |
|
51452,5 |
64367,8 |
201763,9 |
241558,8 |
12251,2 |
114645,7 |
33184,1 |
33724,1 |
156487,1 |
338195,4 |
78146,6 |
57150,7 |
19561,7 |
85218,7 |
47822,8 |
45834,1 |
|
24 |
|
|
49 |
|
49352,4 |
61740,6 |
193528,6 |
231699,3 |
11751,1 |
109966,3 |
31829,7 |
32347,6 |
150099,8 |
324391,5 |
74956,9 |
54818,1 |
18763,3 |
81740,4 |
45870,9 |
43963,3 |
|
25 |
|
|
… |
|
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
|
… |
|
|
59 |
|
40987,6 |
51276,1 |
160727,2 |
192428,2 |
9759,4 |
91328,0 |
26434,8 |
26864,9 |
124659,2 |
269409,9 |
62252,3 |
45526,9 |
15583,1 |
67886,1 |
38096,2 |
36511,9 |
|
30 |
|
|
61 |
|
39643,7 |
49594,9 |
155457,4 |
186119,1 |
9439,4 |
88333,6 |
25568,1 |
25984,1 |
120572,0 |
260576,8 |
60211,3 |
44034,2 |
15072,2 |
65660,3 |
36847,1 |
35314,8 |
|
31 |
|
|
63 |
|
38385,2 |
48020,4 |
150522,3 |
180210,5 |
9139,8 |
85529,4 |
24756,4 |
25159,2 |
116744,3 |
252304,5 |
58299,8 |
42636,3 |
14593,7 |
63575,8 |
35677,3 |
34193,7 |
|
32 |
|
|
65 |
|
37204,1 |
46542,9 |
145890,8 |
174665,6 |
8858,5 |
82897,7 |
23994,7 |
24385,1 |
113152,2 |
244541,3 |
56506,0 |
41324,4 |
14144,6 |
61619,7 |
34579,6 |
33141,6 |
|
33 |
|
|
… |
|
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
|
… |
|
|
85 |
|
28450,2 |
35591,6 |
111563,6 |
133567,8 |
6774,2 |
63392,4 |
18348,9 |
18647,4 |
86528,1 |
187002,1 |
43210,4 |
31601,0 |
10816,5 |
47120,9 |
26443,2 |
25343,6 |
|
43 |
|
|
87 |
|
27796,2 |
34773,4 |
108998,9 |
130497,3 |
6618,4 |
61935,1 |
17927,1 |
18218,8 |
84539,0 |
182703,2 |
42217,1 |
30874,5 |
10567,8 |
46037,7 |
25835,3 |
24760,9 |
|
44 |
|
|
… |
|
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
|
… |
|
|
117 |
|
20668,9 |
25857,2 |
81050,4 |
97036,4 |
4921,4 |
46054,3 |
13330,4 |
13547,3 |
62862,3 |
135856,3 |
31392,2 |
22958,0 |
7858,1 |
34233,1 |
19210,9 |
18412,0 |
|
59 |
|
|
119 |
|
20321,6 |
25422,6 |
79688,3 |
95405,6 |
4838,7 |
45280,3 |
13106,3 |
13319,6 |
61805,8 |
133573,0 |
30864,6 |
22572,1 |
7726,1 |
33657,8 |
18888,0 |
18102,5 |
|
60 |
|
|
… |
|
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
|
… |
|
|
151 |
|
16015,0 |
20035,0 |
62800,7 |
75187,2 |
3813,3 |
35684,4 |
10328,8 |
10496,9 |
48707,9 |
105266,1 |
24323,8 |
17788,6 |
6088,8 |
26525,0 |
14885,3 |
14266,2 |
|
76 |
|
|
153 |
|
15805,7 |
19773,1 |
61979,8 |
74204,3 |
3763,4 |
35218,0 |
10193,8 |
10359,7 |
48071,2 |
103890,1 |
24005,8 |
17556,1 |
6009,2 |
26178,3 |
14690,7 |
14079,8 |
|
77 |
|
|
… |
|
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
|
… |
|
|
183 |
|
13214,6 |
16531,6 |
51819,1 |
62039,7 |
3146,5 |
29444,5 |
8522,7 |
8661,4 |
40190,7 |
86858,9 |
20070,4 |
14678,1 |
5024,1 |
21886,8 |
12282,4 |
11771,6 |
|
92 |
|
|
185 |
|
13071,7 |
16352,9 |
51258,9 |
61369,0 |
3112,5 |
29126,2 |
8430,6 |
8567,7 |
39756,2 |
85919,9 |
19853,4 |
14519,4 |
4969,7 |
21650,2 |
12149,6 |
11644,3 |
|
93 |
|
|
… |
|
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
… |
|
… |
|
|
255 |
|
9483,4 |
11863,9 |
37187,9 |
44522,6 |
2258,1 |
21130,8 |
6116,3 |
6215,8 |
28842,7 |
62334,0 |
14403,5 |
10533,7 |
3605,5 |
15707,0 |
8814,4 |
8447,9 |
|
128 |
|
|
257 |
|
9409,6 |
11771,5 |
36898,5 |
44176,1 |
2240,5 |
20966,3 |
6068,7 |
6167,4 |
28618,3 |
61849,0 |
14291,4 |
10451,7 |
3577,4 |
15584,7 |
8745,8 |
8382,1 |
|
129 |
|
|
Mandate pro Land |
17 |
23 |
76 |
92 |
5 |
43 |
13 |
13 |
59 |
128 |
30 |
21 |
7 |
32 |
18 |
17 |
|
598 |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Erste Stufe, zweiter Schritt: Ermittlung der Sitzkontingente
der Parteien aus den Mandatskontingenten der Länder
Im zweiten Schritt der Ersten Stufe wird aus jedem Mandatskontingent
jedes Landes für jede Bundestagspartei entlang ihres Zweitstimmenanteils vor
Ort je ein Sitzkontingent ermittelt. Direktmandate der Bundestagsparteien
bleiben dabei unberücksichtigt. Sie werden erst in der Zweiten Stufe
einbezogen. In Tabelle 2 ist das
für das Beispiel des Mandatskontingents von Mecklenburg-Vorpommern bei der
Bundestagswahl 2017 dargestellt. Von den Bundestagsparteien, also den Parteien,
die an der Mandatszuteilung teilnahmen, hätte z.B. die CDU in diesem Bundesland
ein Sitzkontingent von Vier erhalten.
Tabelle 2: Ermittlung der Sitzkontingente der
Bundestagsparteien nach dem zweiten Schritt der Ersten Verteilungsstufe bei der
Bundestagswahl 2017 für Mecklenburg-Vorpommern laut 25. Änderungsgesetz zum BWG
vom 14.11.2020
|
CDU |
Die Linke. |
SPD |
AfD |
B.90/Grüne |
NPD |
FDP |
FW |
MLPD |
BGE |
ÖDP |
DPart |
Tierschutz |
|
Zweitstimmen |
307263 |
165368 |
139689 |
172409 |
39514 |
10408 |
57895 |
7543 |
1366 |
3034 |
1205 |
9309 |
12507 |
|
davon für Bundestagsparteien |
307263 |
165368 |
139689 |
172409 |
39514 |
- |
57895 |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
|
Divisor (Mandat 1): 1 |
307263,0 |
165368,0 |
139689,0 |
172409,0 |
39514,0 |
- |
57895,0 |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
|
Divisor (Mandat 2): 3 |
102421,0 |
55122,7 |
46563,0 |
57469,7 |
13171,3 |
- |
19298,3 |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
|
Divisor (Mandat 3): 5 |
61452,6 |
33073,6 |
27937,8 |
34481,8 |
7902,8 |
- |
11579,0 |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
|
Divisor (Mandat 4): 7 |
43894,7 |
23624,0 |
19955,6 |
24629,9 |
5644,9 |
- |
8270,7 |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
|
Divisor (Mandat 5): 9 |
34140,3 |
18374,2 |
15521,0 |
19156,6 |
4390,4 |
- |
6432,8 |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
|
Sitzkontingent
gemäß Stimmenanteil |
4 |
2 |
2 |
3 |
1 |
- |
1 |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Zweite Stufe: Mandatsansprüche und Mandatszuteilung
In der Zweiten Stufe wird
in einem ersten Schritt der gesamte endgültige Mandatsanspruch jeder Bundestagspartei
ermittelt. Dies wird hier Oberverteilung genannt. Anschließend wird in einem
zweiten Schritt dieser endgültige Mandatsanspruch jeder Bundestagspartei in
Mandate auf ihren Landeslisten umgewandelt. Dies wird hier Unterverteilung
genannt.
Zweite Stufe, erster Schritt: Oberverteilung
Bei der Oberverteilung
wird der endgültige Mandatsanspruch jeder Bundestagspartei nach zwei Kriterien
bestimmt (§6 V II BWG i.V.m. §6 I BWG). Die
Berücksichtigung dieser beiden Kriterien kann zu erheblich höheren
Mandatsansprüchen der Bundestagsparteien insgesamt im Vergleich zu der im
Bundeswahlgesetz genannten gesetzlichen Mandatszahl von 598 führen. Dieser
erste Schritt der Zweiten Stufe wird vom Bundeswahlleiter als „2.
Oberverteilung“ bezeichnet. §6 V 1 BWG nennt dies „zweite Verteilung“.
Von diesen zwei
Kriterien bezieht sich eines auf jede einzelne Bundestagspartei für sich
genommen: der vom Bundeswahlleiter so genannte „Mindestsitzanspruch“ jeder
Bundestagspartei. Die Ermittlung der Mindestansprüche wird im Folgenden zuerst
geschildert.
Allerdings beziehen
sich die Mindestsitzansprüche jeweils auf jede einzelne Bundestagspartei. Das
Größenverhältnis der Mindestsitzansprüche aller Bundestagsparteien zueinander kann
deshalb vom Proporz – also von dem Größenverhältnis der Zweitstimmen aller
Bundestagsparteien zueinander – abweichen. Dieser Proporz muss als zweites
Kriterium aber ebenfalls mit einer Ausnahme eingehalten sein. Dafür erfolgt ein
so genannter „Verhältnisausgleich“ entlang derjenigen Bundestagspartei, deren
Mindestsitzanspruch vom Proporz am meisten nach oben abweicht (die also ohne
Verhältnisausgleich am meisten überrepräsentiert wäre), zugunsten aller anderen
Bundestagsparteien. Dabei bleiben allerdings bis zu drei vom Bundeswahlleiter
so genannte „Überhangmandate“ unberücksichtigt – dies ist die eben besagte
Ausnahme vom Proporz. Dieser Verhältnisausgleich als zweites Kriterium der
Oberverteilung wird im Folgenden als zweites geschildert.
Zweite Stufe, erster Schritt, erstes Kriterium: Mindestsitzansprüche
als Maximum von Sitzkontingentsummen und Mindestsitzzahlsummen
Der Mindestsitzanspruch
jeder Bundestagspartei nach §6 V 2 BWG ist das Maximum ihrer
Sitzkontingentsumme und ihrer Mindestsitzzahlsumme.
Dabei ist die
Sitzkontingentsumme einer Bundestagspartei schlicht die Summe ihrer Sitzkontingente
laut oben beschriebenem zweitem Schritt der Ersten Stufe.
Die
Mindestsitzzahlsumme wird gebildet, um für jede Bundestagspartei
sicherzustellen, dass ihr Mindestsitzanspruch mindestens so hoch ist wie ihre
Direktmandatssumme, also die Summe aller Direktmandate, die sie bundesweit
erzielt hat. Dies ist durch die Sitzkontingentsumme allein nicht garantiert.
Denn eine Bundestagspartei kann in einem Bundesland mehr Direktmandate erzielen,
als ihr dort jeweils laut Sitzkontingent zusteht. Das Sitzkontingent genügt
dann nicht, um alle Direktmandate dieser Partei im Bundesland zu decken. Bei
besonders vielen Direktmandaten, die jeweils die Sitzkontingente in den
Bundesländern übertreffen, kann sogar die Sitzkontingentsumme einer
Bundestagspartei insgesamt dafür zu klein sein. Dies kann außerdem mehrere Bundestagsparteien betreffen. Jedes Direktmandat, das eine
Bundestagspartei erzielt hat, ist ihr aber garantiert. Hier setzt die
Mindestsitzzahlsumme an. Sie ist für jede Bundestagspartei die bundesweite
Summe des Maximums pro Bundesland einerseits der Anzahl ihrer Direktmandate im
Bundesland und andererseits des auf die nächsthöhere ganze Zahl aufgerundeten
Mittelwerts aus ebendieser Anzahl ihrer Direktmandate im Bundesland und ihres
Sitzkontingents im Bundesland. Mit diesem Maximum ist garantiert, dass für
jedes einzelne Bundesland alle Direktmandate der jeweiligen Bundestagspartei als
vom Bundeswahlleiter so genannte „Mindestsitzzahl“ berücksichtigt werden. Diese
Mindestsitzzahlen werden über alle Bundesländer zu je einer
Mindestsitzzahlsumme pro Bundestagspartei aufaddiert. Für alle Bundesländer
insgesamt ist der endgültige Mandatsanspruch jeder Bundestagspartei laut
Mindestsitzzahlsumme folglich mindestens so hoch, dass alle ihre Direktmandate
berücksichtigt werden.
Für Bundestagsparteien,
deren Sitzkontingentsumme größer ist als ihre Mindestsitzzahlsumme, muss für
die Erfüllung des ersten Kriteriums aber eben die Sitzkontingentsumme anstelle
der Mindestsitzzahlsumme berücksichtigt werden. Deshalb wird dieses Kriterium jeweils
pro Partei durch die Berücksichtigung des jeweils höheren Werts erfüllt, also
durch das Maximum von Sitzkontingentsumme und Mindestsitzzahlsumme pro
Bundestagspartei. Dieses Maximum ist der Mindestsitzanspruch.
Die Umsetzung des
ersten Kriteriums ist in Tabelle 3 am Beispiel der CDU und der SPD entlang
deren Zweitstimmenergebnissen bei der Bundestagswahl 2017 dargestellt (bei der
das aktuelle Bundestagswahlrecht noch nicht galt). Für die CDU zeigt sich dort,
dass ihre Mindestsitzzahlsumme f) – also die Summe der bundeslandweisen Mindestsitzzahlen
d) – in Höhe von 194 größer gewesen wäre, als ihre Sitzkontingentsumme e) – also die Summe
der bundeslandweisen Sitzkontingente a) – von 164. Folglich war das erste
Kriterium für die CDU mit einem Mindestsitzanspruch von 194 erfüllt. Bei der
SPD war dies gerade umgekehrt durch die Sitzkontingentsumme e) der Fall, denn
ihre Mindestsitzzahlsumme f) lag mit 101 unter ihrer Sitzkontingentsumme e) von
131. Dabei kommt es nur auf die bundesweite Sitzkontingentsumme e) und die
bundesweite Mindestsitzzahlsumme f) an, aber eben nicht auf die Sitzkontingente
a) und Mindestsitzzahlen d) in den einzelnen Bundesländern. Es ist also z.B.
gleichgültig, dass in Tabelle 3 für die SPD im Land Bremen die Mindestsitzzahl
d) aufgrund höherer Direktmandatsanzahl b) größer war als das Sitzkontingent a)
oder, dass umgekehrt die CDU im Land Berlin ein größeres Sitzkontingent a)
erzielte, als es ihrer dortigen Mindestsitzzahl d) entsprach.
Tabelle 3: Ermittlung der Sitzkontingentsummen und
Mindestsitzzahlen sowie des jeweiligen Maximums für den ersten Schritt der Zweiten
Verteilungsstufe (Oberverteilung) bei der Bundestagswahl 2017 für CDU und SPD
laut 25. Änderungsgesetz zum BWG vom 14.11.2020
Bundesland |
CDU |
|
SPD |
|
Sitzkontingent
(a) je Bundesland |
Direktmandatsanzahl
(b) je Bundesland |
Auf ganze Zahl aufgerundeter
Mittelwert (c) aus (a) und (b) |
Mindestsitzzahl (d): Maximum
von (b) und (c) je Bundesland |
|
Sitzkontingent (a) je
Bundesland |
Direktmandatsanzahl
(b) je Bundesland |
Auf ganze Zahl aufgerundeter
Mittelwert (c) aus (a) und (b) |
Mindestsitzzahl (d): Maximum
von (b) und (c) je Bundesland |
|
BB |
6 |
9 |
8 |
9 |
|
4 |
1 |
3 |
3 |
|
BE |
6 |
4 |
5 |
5 |
|
5 |
3 |
4 |
4 |
|
BW |
27 |
38 |
33 |
38 |
|
13 |
0 |
7 |
7 |
|
BY |
- |
- |
- |
0 |
|
15 |
0 |
8 |
8 |
|
HB |
1 |
0 |
1 |
1 |
|
1 |
2 |
2 |
2 |
|
HE |
14 |
17 |
16 |
17 |
|
11 |
5 |
8 |
8 |
|
HH |
3 |
1 |
2 |
2 |
|
3 |
5 |
4 |
5 |
|
MV |
4 |
6 |
5 |
6 |
|
2 |
0 |
1 |
1 |
|
NI |
21 |
16 |
19 |
19 |
|
17 |
14 |
16 |
16 |
|
NW |
43 |
38 |
41 |
41 |
|
35 |
26 |
31 |
31 |
|
RP |
11 |
14 |
13 |
14 |
|
8 |
1 |
5 |
5 |
|
SH |
7 |
10 |
9 |
10 |
|
5 |
1 |
3 |
3 |
|
SL |
2 |
3 |
3 |
3 |
|
2 |
1 |
2 |
2 |
|
SN |
9 |
12 |
11 |
12 |
|
4 |
0 |
2 |
2 |
|
ST |
5 |
9 |
7 |
9 |
|
3 |
0 |
2 |
2 |
|
TH |
5 |
8 |
7 |
8 |
|
3 |
0 |
2 |
2 |
|
Sitzkontingentsumme (e) /
Mindestsitzzahlsumme (f) |
164 |
|
|
194 |
|
131 |
|
|
101 |
|
Mindestsitzanspruch |
|
|
|
194 |
|
131 |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Zweite Stufe, erster Schritt, zweites Kriterium: Verhältnisausgleich
entlang der Mindestsitzansprüche
Als zweites Kriterium muss
der Mandatsanspruch jeder Bundestagspartei so hoch sein, dass er dem Verhältnis
ihrer bundesweiten Stimmenzahl zu den bundesweiten Stimmenzahlen der anderen
Bundestagsparteien entspricht (§6 I BWG). Dies wird im Folgenden „Proporz“
genannt. Um den Proporz herzustellen, werden ausgehend vom jeweiligen Mindestsitzanspruch
pro Bundestagspartei (also ausgehend vom ersten Kriterium) mithilfe des
Invertierten Sainte Laguë-Verfahrens die endgültigen Mandatsansprüche
aller Bundestagsparteien ermittelt. Diese Prozedur wird „Verhältnisausgleich“
genannt. Dieser Verhältnisausgleich lässt nach aktuellem Wahlrecht unter
bestimmten Voraussetzungen bis zu drei Direktmandate unberücksichtigt (s.u.). Es
kann damit bis zu drei „ausgleichslose Überhangmandate“ geben. Eine Bundestagspartei
kann deshalb trotz Verhältnisausgleich einen um bis zu drei Mandate höheren endgültigen
Mandatsanspruch erzielen, als es dem Proporz entspricht. Entsprechend kann auch
der endgültige Mandatsanspruch einer Bundestagspartei bis zu zwei Mandate und
der einer weiteren Bundestagspartei ein Mandat höher sein bzw. die endgültigen
Mandatsansprüche bis zu dreier Bundestagsparteien können um je ein Mandat höher
sein.
An dem Beispiel in
Tabelle 3 zeigt sich schon, dass die Mindestsitzansprüche der einzelnen
Bundestagsparteien allenfalls durch Zufall einmal dem Proporz entsprechen. Der
Proporz wird deshalb typischer Weise erst durch den Verhältnisausgleich
erreicht. Der Verhältnisausgleich wird durch eine Erhöhung der Mandatsansprüche
der laut ihren Mindestsitzansprüchen im Verhältnis unterrepräsentieren
Bundestagsparteien umgesetzt (s.u.). Deshalb führt der Verhältnisausgleich
immer dann, wenn der Mindestsitzanspruch mindestens einer Bundestagspartei über
die ausgleichslosen Überhangmandate hinausgeht, zu höheren endgültigen
Mandatsansprüchen aller anderen Bundestagsparteien, als es deren
Mindestsitzansprüchen entspricht.
Für den
Verhältnisausgleich wird zuerst ermittelt, wie viele Direktmandate welcher
Bundestagspartei zu den drei ausgleichslosen Überhangmandaten gehören können.
Dies sind laut §6 V 4 i.V.m. §6 IV 1 BWB alle
Direktmandate einer jeden Bundestagspartei, die in den einzelnen Bundesländern
über deren dortiges Sitzkontingent hinausgehen. Diese Direktmandate werden
sodann pro Bundestagspartei aufsummiert. Dies ist am Beispiel der
Bundestagswahl 2017 in Tabelle 4 für CDU und SPD illustriert.
Tabelle 4: Ermittlung der für die drei
ausgleichslosen Überhangmandate infrage kommenden Direktmandate für das
rechnerische Beispiel der Bundestagswahl 2017 für CDU und SPD laut 25.
Änderungsgesetz zum BWG vom 14.11.2020
Bundesland |
CDU |
|
SPD |
|
Sitzkontingent
(a) je Bundesland |
Direktmandatsanzahl
(b) je Bundesland |
Saldo (c) von (b) abzgl. (a) |
Davon für ausgleichslose
Überhangmandate zu berücksichtigen (d) |
|
Sitzkontingent (a) je
Bundesland |
Direktmandatsanzahl
(b) je Bundesland |
Saldo (c) von (b) abzgl. (a) |
Davon für ausgleichslose
Überhangmandate zu berücksichtigen (d) |
|
BB |
6 |
9 |
3 |
3 |
|
4 |
1 |
-3 |
- |
|
BE |
6 |
4 |
-2 |
- |
|
5 |
3 |
-2 |
- |
|
BW |
27 |
38 |
11 |
11 |
|
13 |
0 |
-13 |
- |
|
BY |
- |
- |
- |
- |
|
15 |
0 |
-15 |
- |
|
HB |
1 |
0 |
-1 |
- |
|
1 |
2 |
1 |
1 |
|
HE |
14 |
17 |
3 |
3 |
|
11 |
5 |
-6 |
- |
|
HH |
3 |
1 |
-2 |
- |
|
3 |
5 |
2 |
2 |
|
MV |
4 |
6 |
2 |
2 |
|
2 |
0 |
-2 |
- |
|
NI |
21 |
16 |
-5 |
- |
|
17 |
14 |
-3 |
- |
|
NW |
43 |
38 |
-5 |
- |
|
35 |
26 |
-9 |
- |
|
RP |
11 |
14 |
3 |
3 |
|
8 |
1 |
-7 |
- |
|
SH |
7 |
10 |
3 |
3 |
|
5 |
1 |
-4 |
- |
|
SL |
2 |
3 |
1 |
1 |
|
2 |
1 |
-1 |
- |
|
SN |
9 |
12 |
3 |
3 |
|
4 |
0 |
-4 |
- |
|
ST |
5 |
9 |
4 |
4 |
|
3 |
0 |
-3 |
- |
|
TH |
5 |
8 |
3 |
3 |
|
3 |
0 |
-3 |
- |
|
Anzahl der über die Sitzkontingente je hinaus gehenden
Direktmandate |
|
|
|
36 |
|
|
|
|
3 |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Bei dem Beispiel in
Tabelle 4 erzielte etwa die CDU insgesamt 36 Direktmandate mehr, als es ihren
jeweiligen Sitzkontingenten entsprach (BW: 11; ST: 4; BB, HE, RP, SH, SN und
TH: je 3; MV: 2; SL: 1). Die SPD erzielte entsprechend drei Direktmandate mehr
(HH: 2, HB: 1).
Sodann wird ermittelt,
welche Bundestagspartei entlang ihres Mindestsitzanspruchs am meisten
überrepräsentiert ist, d.h. der Mindestsitzanspruch welcher Bundestagspartei der
kleinsten Höchstzahl entspricht. Hat diese Bundestagspartei keine Direktmandate
erzielt, die als ausgleichslose Überhangmandate infrage kommen, dann ist diese Bundestagspartei die Ankerpartei und erfolgt
der Verhältnisausgleich mithilfe des Invertierten Sainte Laguë-Verfahrens entlang
dieser Höchstzahl als Kleinster Höchstzahl HA. In diesem Fall stellt der Verhältnisausgleich den
Proporz zwischen den Bundestagsparteien her.
Hat diese
Bundestagspartei jedoch Direktmandate erzielt, die als ausgleichslose
Überhangmandate infrage kommen, dann wird eines davon in einem 1. Durchgang als
solches für sie vermerkt. In dem nun folgenden 2. Durchgang werden erneut die jeweiligen
kleinsten Höchstzahlen des um dieses ausgleichslose
Überhangmandat reduzierten Mindestsitzanspruchs der im 1. Durchgang am meisten
überrepräsentierten Bundestagspartei bzw. der Mindestsitzansprüche aller
anderen Bundestagsparteien ermittelt. Erneut wird festgestellt, welche
Bundestagspartei davon die kleinste Höchstzahl aufweist. Hat diese
Bundestagspartei kein als weiteres ausgleichsloses Überhangmandat infrage
kommendes Direktmandat erzielt, dann erfolgt nun der Verhältnisausgleich
mit ihr als Ankerpartei und der zugehörigen Kleinsten Höchstzahl. Hat diese Bundestagspartei aber ein als
ausgleichsloses Überhangmandat infrage kommendes Direktmandat erzielt oder ist
nun erneut die im 1. Durchgang am meisten überrepräsentierte Bundestagspartei
am meisten überrepräsentiert und hat zwei als ausgleichslose Überhangmandate
infrage kommende Direktmandate erzielt, so wird dieser Bundestagspartei ein
(weiteres) ausgleichsloses Überhangmandate vermerkt.
In dem nun folgenden 3. Durchgang wird die Prozedur des 2. Durchgangs
wiederholt. Ist auch hier ein ausgleichsloses Überhangmandat zu vermerken, so
wird anschließend ein viertes Mal untersucht, auf welche Bundestagspartei nun die kleinste Höchstzahl entfällt.
Es wird also bis zu viermal eine am meisten
überrepräsentierte Bundestagspartei ermittelt. Der Wert des Mindestsitzanspruchs
bzw. des um ausgleichslose Überhangmandate reduzierten Mindestanspruchs derjenigen
Bundestagspartei, die zuletzt als solche ermittelt wird, ist der Ausgangspunkt
für den Verhältnisausgleich: Die diesem Wert zugehörige Höchstzahl ist die
„Kleinste Höchstzahl“ HA zur Durchführung des Invertierten Sainte Laguë-Verfahrens. Deshalb wird die entsprechende
Bundestagspartei hier „Ankerpartei“ für den Verhältnisausgleich genannt. Die
Mandatsansprüche im Ergebnis dieser Durchführung erfüllen als Ergebnis des
Verhältnisanspruchs das zweite Kriterium.
Technisch wird der
Verhältnisausgleich wie folgt durchgeführt. Aus Sicht des Sainte Laguë-Verfahrens ist zunächst klar, dass der Ankerpartei
das letzte im Verhältnisausgleich zu vergebende Mandat zugeteilt wird. Auch die
Anzahl der für den Verhältnisausgleich zu berücksichtigenden Mandate der
Ankerpartei ist bekannt – es ist eben ihr Mindestsitzanspruch abzüglich der für
sie vermerkten ausgleichslosen Überhangmandate. Folglich sind beide
Voraussetzungen für die Anwendung des Invertierten Sainte Laguë-Verfahrens
erfüllt, mit der Ankerpartei als Einheit A (vgl. oben). Für die Durchführung
des Verhältnisausgleichs kann für jede Partei folglich jeweils unmittelbar die Gleichung (12) benutzt
werden, d.h.:
(12) M = {floor[(2K-1)* ZB/ZA] + 1}/2, wobei gilt: floor[(2K-1)*ZB/ZA]
= 2*m – 1, mit m ∈ N.
Dort steht M für die
Höhe des Mandatsanspruchs nach Verhältnisausgleich der jeweiligen Partei B, K
für den Mindestsitzanspruch abzgl. ausgleichsloser Überhangmandate der Ankerpartei,
ZA für die bundesweite Zweitstimmenanzahl der Ankerpartei und ZB
für die bundesweite Zweitstimmenanzahl der jeweiligen Partei B.
Am Schluss wird der
endgültige Mandatsanspruch jeder Bundestagspartei festgelegt als das Maximum
von Mindestsitzanspruch (erstes Kriterium) und Mandatsanspruch laut
Verhältnisausgleich (zweites Kriterium).
Die oben beschriebene
Prozedur der Ermittlung ausgleichsloser Überhangmandate, der Feststellung der
Ankerpartei und schließlich der Durchführung des Verhältnisausgleichs wird in
Tabelle 5 für das rechnerische Beispiel der Bundestagswahl 2017 dargestellt.
Tabelle 5: Ermittlung ausgleichsloser
Überhangmandate, Feststellung der Ankerpartei und Durchführung des
Verhältnisausgleichs für das rechnerische Beispiel der Bundestagswahl 2017 laut
25. Änderungsgesetz zum BWG vom 14.11.2020
|
Bundestagspartei |
CDU |
SPD |
Die Linke. |
B.90/Grüne |
CSU |
FDP |
AfD |
|
Insgesamt |
|
Stand nach erstem Kriterium |
Mindestsitzanspruch (a) |
194 |
131 |
59 |
57 |
46 |
65 |
83 |
|
635 |
|
Davon
für Ermittlung ausgleichsloser Überhangmandate zu berücksichtigen |
36 |
3 |
– |
– |
7 |
– |
– |
|
46 |
|
Zweitstimmen
bundesweit |
12447656 |
9539381 |
4297270 |
4158400 |
2869688 |
4999449 |
5878115 |
|
44189959 |
|
1.
Durchlauf |
Höchstzahl des letzten
Mandats der Partei laut Mindestsitzanspruch |
32165,486 |
36550,352 |
36729,803 |
36801,000 |
31536,033 |
38756,419 |
35625,939 |
|
|
|
|
Demnach am meisten
überrepräsentiert |
nein |
nein |
nein |
nein |
ja |
nein |
nein |
|
|
|
|
Erstes ausgleichsloses
Überhangmandat |
- |
- |
- |
- |
ja |
- |
- |
|
|
|
|
Demnach Summe ausgleichslose
Überhangmandate |
0 |
0 |
0 |
0 |
1 |
0 |
0 |
|
1 |
|
2.
Durchlauf |
Höchstzahl des letzten
Mandats der Partei ohne erstes ausgleichsloses Überhangmandat |
32165,486 |
36550,352 |
36729,803 |
36801,000 |
32244,685 |
38756,419 |
35625,939 |
|
|
|
|
Demnach am meisten
überrepräsentiert |
ja |
nein |
nein |
nein |
nein |
nein |
nein |
|
|
|
|
Zweites ausgleichsloses
Überhangmandat |
ja |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
|
|
|
|
Demnach Summe ausgleichslose
Überhangmandate |
1 |
0 |
0 |
0 |
1 |
0 |
0 |
|
2 |
|
3.
Durchlauf |
Höchstzahl des letzten
Mandats der Partei ohne erste zwei ausgleichslose Überhangmandate |
32332,574 |
36550,352 |
36729,803 |
36801,000 |
32244,685 |
38756,419 |
35625,939 |
|
|
|
|
Demnach am meisten
überrepräsentiert |
nein |
nein |
nein |
nein |
ja |
nein |
nein |
|
|
|
|
Drittes ausgleichsloses
Überhangmandat |
- |
- |
- |
- |
ja |
- |
- |
|
|
|
|
Demnach Summe ausgleichslose
Überhangmandate |
1 |
0 |
0 |
0 |
2 |
0 |
0 |
|
3 |
|
Bestimmung der Ankerpartei und
Verhältnis-ausgleich |
Höchstzahl des letzten
Mandats der Partei ohne alle drei ausgleichslosen Überhangmandate |
32332,574 |
36550,352 |
36729,803 |
36801,000 |
32985,920 |
38756,419 |
35625,939 |
|
|
|
Demnach
am meisten überrepräsentierte Partei ("Ankerpartei") |
ja |
nein |
nein |
nein |
nein |
nein |
nein |
|
|
|
Mindestsitzanspruch
der Ankerpartei ohne ihre ausgleichslosen Überhangmandate |
193 |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
|
|
|
Zugehörige
Höchstzahl der Ankerpartei
("Kleinste Höchstzahl" HA) |
32332,574 |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
|
|
|
Mandatsanspruch
laut Invertiertem Sainte-Laguë-Verfahren mit HA (b) |
193 |
148 |
66 |
64 |
44 |
77 |
91 |
|
683 |
|
Endgültiger
Mandatsanspruch |
Maximum von
Mindestsitzanspruch (a) und Mandatsanspruch laut Verhältnisausgleich (b) |
194 |
148 |
66 |
64 |
46 |
77 |
91 |
|
686 |
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Entlang Tabelle 5 war
zunächst die CSU am meisten überrepräsentiert: 2.869.688 Zweitstimmen für sie
geteilt durch ihren Mindestsitzanspruch von 46 ergab mit rund 62.384 den
geringsten Wert aller Bundestagsparteien. Da sie sieben Direktmandate erzielt
hatte, die als ausgleichslose Überhangmandate infrage kamen, wurde ein solches
für sie vermerkt. Nach diesem 1. Durchgang wurden im 2. Durchgang zunächst
erneut die Zweitstimmen aller Bundestagsparteien durch ihren jeweiligen
Mindestsitzanspruch geteilt, bei der CSU allerdings um 45 (Mindestsitzanspruch
abzgl. 1 ausgleichsloses Überhangmandat). Erneut war der Wert für die CSU mit
63.770 der geringste Wert. Erneut wurde für sie, da ausreichend als
ausgleichslose Überhangmandate infrage kommende Direktmandate bei ihr
vorhanden, ein solches vermerkt. Im folgenden 3.
Durchlauf nach gleichem Verfahren war die CDU am meisten überrepräsentiert und
verfügte über ausreichend als ausgleichslose Überhangmandate infrage kommende
Direktmandate. Also wurde auch für sie ein solches vermerkt. 2017 wurden
rechnerisch also alle drei ausgleichslosen Überhangmandate vermerkt, davon zwei
zugunsten der CSU und eines zugunsten der CDU. Nach Abzug dieser
ausgleichslosen Überhangmandate von den Mindestsitzansprüchen von CDU und CSU
war schließlich die CDU bei einem für den Verhältnisausgleich zu
berücksichtigen Wert von 12.447.656 Zweitstimmen geteilt durch 193
(Mindestsitzanspruch abzgl. 1 ausgleichsloses Überhangmandat) mit rund 64.495
am meisten überrepräsentiert. Folglich verlief der Verhältnisausgleich entlang
der Höchstzahl, die der 193-höchsten Höchstzahl der CDU als Ankerpartei
entsprach. Diese „kleinste Höchstzahl“ HA lautete rund 32.331.
Entsprechend erhielten laut Verhältnisausgleich alle anderen Bundestagsparteien
einen Mandatsanspruch in Höhe der Summe jeder ihrer Höchstzahlen über diesem
Wert. Für die FDP lag dieser Wert z.B. bei 77. Am Schluss entfiel auf jede
Bundestagspartei das Maximum aus ihrem Mindestsitzanspruch und diesem Wert.
Dadurch kam z.B. die CSU auf einen endgültigen Mandatsanspruch von 46 – also in
Höhe ihres Mindestsitzanspruchs, der um zwei höher lag als ihr Mandatsanspruch
laut Verhältnisausgleich von 44.
Zweite Stufe, zweiter Schritt: Unterverteilung
Nun werden die endgültigen
Mandatsansprüche der Bundestagsparteien laut Oberverteilung den einzelnen
Landeslisten dieser Parteien unter Berücksichtigung deren jeweiliger
Direktmandate im Bundesland zugewiesen. Das Ergebnis hiervon ist die Unterverteilung.
Für die Unterverteilung
werden zunächst erneut die Mindestsitzzahlen der Bundestagsparteien je
Bundesland herangezogen. Denn mindestens so viele Mandate pro Bundesland sind
jeder Bundestagspartei laut §6 VI 2 BWG i.V.m. § 6 V
2 BWG garantiert. Für alle Bundestagsparteien, deren endgültiger
Mandatsanspruch identisch ist mit ihrer Mindestsitzzahlsumme als
Mindestsitzanspruch, entfallen auch gleichzeitig maximal so viele Mandate pro
Bundesland. Das betrifft insbesondere die Ankerpartei und Bundestagsparteien
mit ausgleichslosen Überhangmandaten, wenn deren Mindestsitzansprüche durch
ihre Mindestsitzzahlsummen bestimmt wurden. In diesen Fällen werden lediglich
pro Bundesland die Direktmandate dieser Bundestagspartei vom
Mindestsitzanspruch vor Ort abgezogen. In Höhe der Differenz erzielt diese
Bundestagspartei Mandate auf ihrer Landesliste vor Ort.
Durch den Verhältnisausgleich
kann es jedoch für jede andere Bundestagspartei zu einem endgültigen
Mandatsanspruch gekommen sein, der größer ist als ihr jeweiliger
Mindestsitzanspruch. Dies wird für diese Bundestagspartei aus den oben
beschriebenen Gründen auch typischer Weise der Fall sein. Um für diesen höheren
endgültigen Mandatsanspruch die Unterverteilung herzustellen, wird dieser
zunächst für jede einzelnen Bundestagspartei per Sainte Laguë-Verfahren
auf die Bundesländer im Verhältnis der von der Partei dort erzielten
Zweitstimmen verteilt. Dies wird hier „1. Testverteilung“ genannt. Sodann wird
pro Bundesland das Maximum des Werts laut Mindestsitzzahl und des Werts laut 1.
Testverteilung ermittelt. Diese bis zu 16 Maxima werden anschließend
aufsummiert. Ist diese Summe identisch mit dem endgültigen Mandatsanspruch
einer Bundestagspartei, so ist die Unterverteilung für diese Bundestagspartei
hergestellt. Da pro Bundesland immer Maxima genommen werden, kann diese Summe jedoch auch
höher sein als der endgültige Mandatsanspruch – z.B.
weil diese Bundestagspartei in einem Bundesland mehr Direktmandate erzielt hat,
als es dem dortigen Anteil ihrer Zweitstimmen an all ihren Zweitstimmen bezogen
auf ihren endgültigen Mandatsanspruch entspricht. In diesem Fall wird die
Mandatszahl nacheinander für weitere Testverteilungen ausgehend vom Wert des
endgültigen Mandatsanspruchs abgesenkt, bis eine Testverteilung pro
Bundesland Werte ergibt, durch welche die jeweiligen Maxima in der Summe gleich
dem endgültigen Mandatsanspruch sind. Diese Absenkung von Testverteilung zu Testverteilung
kann z.B. erfolgen, indem die Differenz zwischen endgültigem Mandatsanspruch laut Oberverteilung
und der Summe der Maxima von dem in der nächsten Testverteilung insgesamt zu verteilenden Mandatsanspruch
abgezogen wird. Diese Prozedur wird so oft wiederholt, bis diese Differenz Null ist. Dies
ist für das rechnerische Beispiel der SPD bei der Bundestagswahl 2017 in Tabelle 6 dargestellt.
Tabelle 6: Unterverteilung für die SPD für das
rechnerische Beispiel der Bundestagswahl 2017 laut 25. Änderungsgesetz zum BWG
vom 14.11.2020
Bundesland |
Mindestsitzzahl |
1. Testverteilung (für
vollen endgültigen Mandatsanspruch) |
Maximum aus Mindestsitzzahl
und 1. Testverteilung |
2. Testverteilung |
Maximum aus Mindestsitzzahl
und 2. Testverteilung |
|
BB |
3 |
4 |
4 |
4 |
4 |
|
BE |
4 |
5 |
5 |
5 |
5 |
|
BW |
7 |
15 |
15 |
15 |
15 |
|
BY |
8 |
18 |
18 |
17 |
17 |
|
HB |
2 |
1 |
2 |
1 |
2 |
|
HE |
8 |
12 |
12 |
12 |
12 |
|
HH |
5 |
4 |
5 |
4 |
5 |
|
MV |
1 |
2 |
2 |
2 |
2 |
|
NI |
16 |
20 |
20 |
20 |
20 |
|
NW |
31 |
40 |
40 |
39 |
39 |
|
RP |
5 |
9 |
9 |
9 |
9 |
|
SH |
3 |
6 |
6 |
6 |
6 |
|
SL |
2 |
2 |
2 |
2 |
2 |
|
SN |
2 |
4 |
4 |
4 |
4 |
|
ST |
2 |
3 |
3 |
3 |
3 |
|
TH |
2 |
3 |
3 |
3 |
3 |
|
Summe |
101 |
148 |
150 |
146 |
148 |
|
Differenz Summe - endgültiger Mandatsanspruch |
|
|
2 |
|
0 |
|
Folglich für die nächste Testverteilung insgesamt zuzuteilen |
|
|
146 |
|
- |
|
|
|
|
|
|
|
|
Die SPD hatte einen
endgültigen Mandatsanspruch von 148. Die 1. Testverteilung, ausgehend von
diesem Wert, erbrachte für alle Länder außer Bremen (HB) und Hamburg (HH)
höhere Werte als die jeweilige Mindestsitzzahl. Für diese 14 Länder waren die
Maxima also laut 1. Testverteilung und nur für zwei Länder (eben HB und HH)
laut Mindestsitzzahlen zu bilden. Folglich wäre die SPD auf 143 Mandate aus der
1. Testverteilung und weitere sieben Mandate aus Mindestsitzzahlen gekommen –
zusammen also 150. Dies wären aber zwei Mandate mehr gewesen, als ihr endgültiger Mandatsanspruch
betrug. Also wurden für eine folgende 2. Testverteilung dieser Mandatsanspruch abzüglich
zwei zugeteilt, also in Höhe von 146. Nun betrug entlang der Summe der Maxima die Differenz
zum endgültigen Mandatsanspruch Null.
Je stärker die Mindestsitzzahlen einer Bundestagspartei von der 1. Testverteilung abweichen,
desto häufiger muss diese Prozedur wiederholt werden. Im Fall der CDU bei der Wahl 2017
entsprach z.B. erst bei der 41. Testverteilung mit einem für die Unterverteilung zu berücksichtigenden
Mandatsanspruch von nur 116 die Summe der Maxima ihrem endgültigen Mandatsanspruch von 194.
Rein rechnerisch kam dies nur deshalb nicht zum tragen, weil der endgültige Mandatsanspruch
der CDU komplett von ihren Mindestsitzzahlen bestimmt wurden.
Berechnung der Überhang- und Ausgleichsmandate auf dieser Website und beim Bundeswahlleiter
Beim geltenden Bundestagswahlsystem als einem Mischwahlsystem kann es geschehen, dass eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate erzielt als ihr dort laut dem Verhältnis der Zweitstimmen insgesamt Mandate zustehen.
Solche Direktmandate wurden „Überhangmandate“ genannt. Bis zur Wahl 2009 war dies auch der einzige Grund, aus dem eine Partei mehr Mandate erzielen konnte als ihr laut diesem Verhältnis zustehen. Bis zu dieser Wahl blieben
Überhangmandate einer Partei erhalten, auch wenn dadurch das Verhältnis von Zweitstimmen zu Mandaten verzerrt wurde. Die anderen Parteien erhielten bis 2009 daher auch keine zusätzlichen Mandate, sog. „Ausgleichsmandate“.
Erst seit der Bundestagswahl 2013 sind die Mandate zwischen den Bundestagsparteien generell im Verhältnis zu den Zweitstimmen verteilt. Seit 2021 bleiben hier allerdings bis zu drei Überhangmandate unberücksichtigt (vgl.
oben). Dieser Verhältnisausgleich geschieht, wie oben dargestellt, in der Oberverteilung durch Ermittlung der Ankerpartei, also der laut ihres Mindestsitzanspruchs im Verhältnis zu ihrer Zweitstimmenzahl am meisten
überrepräsentieren Partei, und anschließender Orientierung des Mandatsanspruchs aller anderen Parteien am Mindestsitzanspruch der Ankerpartei. Die Mindestsitzansprüche sind nun also zunächst einmal der Grund für
überproportional viele Mandate einer Partei – also für Überhangmandate – und auch für die Herstellung einer proportionalen Mandatsverteilung zwischen den Bundestagsparteien per Verhältnisausgleich – also für Ausgleichsmandate.
Aber die Mindestsitzansprüche werden nicht nur durch Direktmandate gebildet. Also können Überhangmandate nun auch nicht mehr nur durch Direktmandate zustande kommen, sondern auch durch Listenmandate. Dies geschieht, wenn eine
Partei ihren Mindestsitzanspruch aus ihrer Sitzkontingentsumme ableitet, also auch auf Sitzansprüche, die zu Listenmandaten führen. Um dies abzubilden, wird auf dieser Website daher nicht allein auf die Direktmandate Bezug
genommen, sondern auf den Mindestsitzanspruch und damit ggf. auf die Sitzkontingentsumme bzw. die Sitzkontingente der Partei nach Ländern und folglich ggf. auch auf Listenmandate.
Für die Oberverteilung wird zunächst ermittelt, wie viele Mandate auf jede Bundestagspartei entfallen würden, wenn das Sainte Laguë-Verfahren bezogen auf die bundesweiten Zweitstimmen dieser Parteien für die gesetzliche
Mandatszahl von 598 Mandaten (ggf. unter Abzug von Direktmandaten für Parteien, die keine Bundestagsparteien sind, was bislang aber noch nie geschah) zur Anwendung käme. Dann wird vom Mindestsitzanspruch jeder
Bundestagspartei diese berechnete Mandatszahl abgezogen. Übertrifft der Mindestsitzanspruch die so berechnete Zahl, ist auf dieser Website von Überhangmandaten der Oberverteilung in Höhe der Differenz die Rede.
Ausgleichsmandate der Oberverteilung im Sinne dieser Website werden durch den Abzug des Mindestsitzanspruchs jeder Partei von ihrem Mandatsanspruch laut Oberverteilung gemäß Verhältnisausgleich berechnet. Da der
Mindestsitzanspruch einer Partei größer sein kann als die berechnete Zahl, und da auch ihr Mandatsanspruch größer sein kann als ihr Mindestsitzanspruch, können bei einzelnen Bundestagsparteien sowohl Überhangmandate als
auch Ausgleichsmandate laut Oberverteilung auftreten. So war etwa bei der Bundestagswahl 2021 der Mindestsitzanspruch der FDP (aufgrund ihrer Sitzkontingentsumme) von 77 um 2 höher als die für sie berechnete Mandatszahl von
75. Für die Angaben auf
dieser Website erzielte sie also zwei Überhangmandate (ohne ein einzige Direktmandat erzielt zu haben). Durch den Verhältnisausgleich erlangte sie letztlich 92 Mandate - und damit für die Angaben dieser Website 15
Ausgleichmandate.
Für die Unterverteilung wird zuerst für jede Partei berechnet, wie viele ihrer Mandate in den einzelnen Bundesländern anfallen würden, wenn die Oberverteilung entlang der gesetzlichen Mandatszahl und die Unterverteilung nur
entlang der Zweitstimmen in den Ländern per Sainte Laguë-Verfahren vorgenommen werden würden. Mandate, die für eine Partei darüber hinaus laut tatsächlicher Unterverteilung im jeweiligen Land anfallen, werden hier als
Überhangmandate eingeordnet, wenn sie dort aufgrund der Mindestsitzzahl der Partei in dem Land dort anfallen. Alle anderen im Land angefallenen Mandate der Partei darüber hinaus gelten für die Darstellung hier als
Ausgleichsmandate. Für das Beispiel der FDP bei der Bundestagswahl 2021 für ihr Sitzkontingent für das Land Bremen dort zu einem Mandatsanspruch von 1, damit dort zu einer Mindestsitzzahl von 1 und daher auch zu einem
Listenmandat, obwohl ihr bei rein proportionaler Verteilung von 598 (gesetzlichen) Mandaten in Bremen kein Mandat zugefallen wäre. Es ist außerdem möglich, dass eine Partei in einzelnen Bundesländern laut tatsächlicher
Unterverteilung weniger Mandate erzielt, als ihr dort laut Sainte Laguë-Verfahren entlang der gesetzlichen Mandatszahl zustehen würden. Das betraf z.B. die CDU bei der Bundestagswahl 2017 in Niedersachsen und in
Nordrhein-Westfalen. In diesen Fällen haben die Angaben ein negatives Vorzeichen.
Durch dieses Vorgehen unterscheidet sich die Anzahl der Überhang- und Ausgleichsmandate je Partei laut Oberverteilung teils von der Summe dieser Mandate laut Unterverteilung. Erneut für das Beispiel der FDP bei der
Bundestagswahl 2021 erzielte diese zwar per Mindestsitzanspruch laut Sitzkontingentsumme zwei Überhangmandate gemäß Oberverteilung. Aufgrund der Regelung zu den Mindestsitzahlen (Halbierung der Sitzkontingente und Aufrundung
bei "halben Mandaten", außer wenn diese durch Direktmandate bestimmt sind, vgl. oben) musste nur im Land Bremen das Sitzkontingent der FDP (von 1) vollständig in ein Mandat umgewandelt werden.
Dadurch wird jedoch gerade deutlich, zu welchen Verzerrungen des Proporzes zwischen den Parteien es jeweils ohne Verhältnisausgleich auf Bundesebene kommen würde und zu welchen
Verzerrungen des Proporzes innerhalb jeder Partei es trotz des Verhältnisausgleichs kommt. Letztere betreffen besonders Parteien mit zahlreichen und regional unterschiedlich verteilten Direkmandaten.
Beim Bundeswahlleiter geht es bei Überhangmandaten ausschließlich um Direktmandate. Bis zur Wahl 2009 stimmen Berechnungsweise und Angaben dort und auf dieser Website daher überein. Für die Wahlen seit 2013 wird beim
Bundeswahlleiter dagegen für die Ermittlung der Überhangmandate nur die Mandatsverteilung der Parteien in den Ländern der Ersten Stufe mit und ohne Berücksichtigung der Direktmandate verglichen. Dadurch können nur
Direktmandate als Überhangmandate identifiziert werden, aber nicht alle dort als Überhangmandate identifizierten Direktmandate müssen auch zu einer Erhöhung der Mandatsansprüche aller Parteien führen. Gleichzeitig ignoriert
der Bundeswahlleiter Mandate aus Sitzkontingenten, die über den Proporz entlang der gesetzlichen Mandatszahl hinausgehen und nicht auf Direktmandate zurückgehen.
Regelungen zur Mandatszuteilung bei früheren Bundestagswahlen
Bei früheren
Bundestagswahlen war die Prozedur der Mandatszuteilung wesentlich einfacher als
bei der Wahl 2013. Im Folgenden werden sie und die wichtigsten anderen vom heutigen
Wahlrecht abweichenden Regeln kurz vorgestellt, angefangen mit der ersten
Bundestagswahl 1949.
Wahl 1949
Jeder Wähler hat nur
eine Stimme. Mit ihr wählt er sowohl einen Direktmandatsbewerber in seinem
Wahlkreis als auch dessen Partei. 242 Direktmandate stehen 158 zunächst (d.h.
ohne Überhangmandate) zu vergebenden Listenmandaten gegenüber. Insgesamt liegt
das Verhältnis Direktmandate : Listenmandate bei rund
60 : 40.
Bis 1987 kommen dazu
nicht-stimmberechtigte Mitglieder für Berlin, die vom Berliner Abgeordnetenhaus
jeweils kurz nach entsprechenden Bundestagswahl gewählt
werden. Maßgeblich für die Mandatszuteilung der Berliner Abgeordneten nach Parteien
ist die Mandatsverteilung im Berliner Abgeordnetenhaus.
Die Stimmen werden nach
Bundesländern getrennt gezählt und die Mandate werden nach Bundesländern getrennt
zugeteilt. Dafür werden die Bundestagsmandate vor der Wahl den Bundesländern im
Verhältnis der Bevölkerungszahl als Kontingente zugeteilt. Es gibt also nach
der Wahl so viele getrennte Zuteilungen von Mandaten an Parteien, wie es
Bundesländer gibt, aber keine getrennte Ober- und Unterverteilung.
Erzielt eine Partei
Überhangmandate durch Direktmandate (also mehr Direktmandate, als ihr laut ihrem
Stimmenanteil im Verhältnis zum Kontingent des Bundeslandes zustehen), so
bleiben sie ihr erhalten. Entsprechend erhöht sich die Zahl der
Bundestagsmandate um die Zahl der Überhangmandate.
Die Verteilung der
Mandate wird nach dem Verfahren d’Hondt vorgenommen.
Dieses Verfahren gilt bis 1983.
Innerhalb jedes
Bundeslands gelten Fünf-Prozent-Hürde und Grundmandatsklausel. Eine Partei, die
in einem Bundesland die Fünf-Prozent-Hürde überspringt, nimmt also dort an der
Mandatszuteilung teil, aber nicht in einem Bundesland, in dem sie diese Hürde
nicht überspringt. Die Grundmandatsklausel gilt ebenfalls für jedes Bundesland
einzeln und ist schon erfüllt, wenn eine Partei nur ein Direktmandat in dem
Bundesland erzielt.
Wahl 1953
Jede Partei muss die
Fünf-Prozent-Hürde bundesweit (und nicht einem einen
Bundesland genau für dieses Bundesland) überspringen, um an der
Mandatszuteilung teilzunehmen. So ist es bis heute.
Die Grundmandatsklausel
liegt wie bei der Wahl 1949 bei einem Direktmandat. Erzielt eine Partei
mindestens eines, nimmt sie an der Mandatszuteilung teil.
Das Verhältnis zwischen
der Zahl ohne Berücksichtigung von Überhangmandaten zu vergebenden Direkt- und Listenmandate
wird auf 50 : 50 festgelegt. Bei diesem Verhältnis
bleibt es bis heute. Die Zahl der Listenmandate wird entsprechend gegenüber der
Wahl 1949 um 84 auf 242 erhöht. Ohne Überhangmandate werden damit 484 Mandate
vergeben.
Die Mandatszuteilung
erfolgt abermals getrennt für einzelne Bundesländer. Es gibt also keine
getrennte Ober- und Unterverteilung.
Wahlen 1957 und 1961
Die Grundmandatsklausel
liegt bei drei Direktmandaten. Gemeinsam mit der Fünf-Prozent-Hürde als
alternative Voraussetzung zur Teilnahme an der Mandatszuteilung bleibt es dabei
bis heute.
Durch den Beitritt des
Saarlands erhöht sich die Zahl der Direktmandate um fünf auf 247 und damit die
Mandatszahl ohne Überhangmandate auf 494. Die Oberverteilung erfolgt für das
gesamte Bundesgebiet und anschließend mit einer Unterverteilung auf die Landeslisten
der Parteien. Erzielt eine Partei mehr Direktmandate, als ihr laut
Unterverteilung in einem Bundesland zustehen, so bleiben ihr diese als
Überhangmandate erhalten. Diese Regelung bleibt bis 2009 erhalten.
Wahlen 1965 bis 1983
Die Zahl der
Direktmandate liegt bei 248. Damit beträgt die Zahl der insgesamt ohne
Überhangmandate zu vergebenden Mandate 496. So ist es auch bei der Wahl 1987.
Wahl 1987
Die Mandatszuteilung
wird nach dem Verfahren Hare-Niemeyer vorgenommen. So bleibt es bis zur Wahl
2005.
Wahlen 1990 bis 1998
Mit dem Beitritt der
Länder der ehem. DDR erhöht sich die Zahl der Direktmandate um 80 auf 328 und
entsprechend die Mandatszahl ohne Überhangmandate um 160 auf 656.
Nur bei der Wahl 1990
gilt die Fünf-Prozent-Hürde getrennt für die zwei Wahlgebiete Alte Bundesländer
und Berlin-West sowie Neuen Bundesländer und Berlin-Ost.
Wahlen 2002 und 2005
Die Zahl der
Direktmandate wird um 29 auf 299 reduziert und entsprechend auch die
Mandatszahl ohne Überhangmandate um 58 auf 598. So ist es bis heute.
Wahl 2009
Die Mandatszuteilung
wird nach dem Verfahren Sainte Laguë-Schepers vorgenommen.
So ist es bis heute.
Wahlen 2013-2017
Für die Ermittlung der
Mindestsitzahlen der Parteien je Bundesland bei der Oberverteilung werden jeweils
die Maxima aus den erzielten Wahlkreismandaten einer Partei und der ihr nach
dem zweiten Schritt der Ersten Stufe zustehenden Mandaten verwendet (also
nicht, wie laut 25. Gesetz zur Änderung des BWG, der auf ganze Mandate
aufgerundete Mittelwert aus Wahlkreismandaten und nach dem zweiten Schritt der
Ersten Stufe zustehenden Mandaten).
Bei der Oberverteilung
werden alle Überhangmandate aus den Mindestsitzzahlen der Ankerpartei mit
Ausgleichsmandaten für die anderen Parteien ausgeglichen (also nicht, wie laut
25. Gesetz zur Änderung des BWG, alle Überhangmandate der Ankerpartei bis auf
drei).
Quellenverzeichnis
Bundeswahlleiter 2013: Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013. Heft 3: Endgültige Ergebnisse nach Wahlkreisen. Wiesbaden: Selbstverlag.
Bundeswahlleiter 2017: Wahl zum 19. Deutschen Bundestag am 24. September 2017. Heft 3: Endgültige Ergebnisse nach Wahlkreisen. Wiesbaden: Selbstverlag.
Bundeswahlleiter 2020: Musterberechnung: Sitzverteilung nach dem Fünfundzwanzigsten Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (BWG) vom 14. November 2020 (BGBl. I S. 2395) mit dem Ergebnis der Bundestagswahl 2017.
Wiesbaden: Selbstverlag.
Bundeswahlgesetz i.d.F. vom 15.6.1949 (Bundesgesetzblatt I (BGBl.) 1949, S.21), 8.7.1953 (BGBl. 1953, S.470), 7.5.1956 (BGBl. 1956, S.383), 14.2.1965 (BGBl. 1964, S.61), 8.3.1985 (BGBl. 1985, S. S.521),
21.9.1990 (BGBl. 1990, S.2059, 8.10.1990 (BGBl. 1990, S.2141), 27.4.2001 (BGBl. 2001, S.701), 17.3.2008 (BGBl. 2008, S.316), 3.5.2013 (BGBl. 2013, S.1084), 14.11. 2020 (BGBl. 2020, S.2395),
8.6.2023 (BGBl. 2023 Nr. 147, berichtigt durch Nr. 198)
Bundesverfassungsgericht 2024: Urteil des Zweiten Senats vom 30. Juli 2024 - 2 BvF 1/23 -, Rn. 1-293, https://www.bverfg.de/e/fs20240730_2bvf000123.html; zuletzt eingesehen am: 04.08.2024.
Die Gestaltung der Tabellen und die Angaben zu allen Ergebnissen in Prozent und zur Mandatsverteilung gehen auf eigene Berechnungen nach den Angaben in o.a. Quellen zurück.